Philipp Welte glaubt an die Zukunft der Verlage
Am liebsten vermeiden Verlagsmanager Zukunftsprognosen mit Zeitangaben – gerade dann, wenn sie den Lauf der Dinge gar nicht mehr mit beeinflussen können, sondern andere Häuser. Axel-Springer-Vorstand Andreas Wiele wagt es trotzdem, in der emotional geführten Debatte um Adblocker. Derweil ist Gruner + Jahr-Chefin Julia Jäkel auf der VDZ-Bühne für die neue Medienharmonie zuständig, und Burda-Zeitschriftenvorstand Philipp Welte fürs Politische.
Jaja, die Debatte um die Adblocker und deren Nutzer, laut Wiele „die Diebe des Internets, die den Gesellschaftsvertrag aufgekündigt haben“, für die kostenlose Site-Nutzung Werbung zu erdulden.
Denn wenn Internetwerbung zu schlecht und zu aufdringlich sei, dann sollte die betreffende Site eben abgestraft werden dadurch, dass sie nicht mehr besucht werde – das sei aber nicht die Aufgabe von Adblockern, die daraus ein eigenes Geschäftsmodell bauen. Wiele verteidigt daher das Aussperren von Nutzern, die sowohl die Werbung als auch die werbefreie Bezahlversion verweigern, bei
Bild.de und kündigt „erfreuliche Zahlen“ zu dem Versuch an.
Ich bin sicher, in zwölf Monaten haben alle wesentlichen Digitalangebote solche Modelle eingeführt und zeigen gleichzeitig weniger aggressive Werbung.
Andreas Wiele
Für Andreas Wiele sind Adblocker-Nutzer die "Diebe des Internet"
Und schließlich die hoffnungsvolle Prognose: „Ich bin sicher, in zwölf Monaten haben alle wesentlichen Digitalangebote solche Modelle eingeführt und zeigen gleichzeitig weniger aggressive Werbung.“ Überhaupt werde 2016 das Jahr, in dem „mehr und mehr Verlage das Heft des Handelns in die Hand nehmen und sich auch zu Paid Content bekennen“.
Die Feinde des einen Verlags sind nicht mehr andere Verlage, sondern neben Adblockern vor allem die globalen Digitalriesen, für deren Konkurrenz Burda-Mann Welte beim Referieren der bekannten Verlagsforderungen – vor allem faire Datenschutz- und Wettbewerbsregeln – an die Politik einmal mehr brachiale Begriffe findet: „Soll Europa im Rahmen einer Art digitalem Morgenthau-Plan zur bloßen Nutzfläche für die US-Tech-Industrie werden?“ In dieser „epischen Schlacht“ bräuchten die Verlage als „letzte Bastion hochwertiger Inhalte“ für ihren „fundamentalen Beitrag zur Meinungsvielfalt“ weiterhin eine wirtschaftliche Basis.
Nein, man wolle keine Subventionen, kein Mäzenatentum, keinen Protektionismus – sondern nur faire Bedingungen. Hier habe die deutsche Regierung ausreichend Spielräume, auch im europäischen Kontext. Denn, so Welte, die Verlagsindustrie ist eigentlich „kerngesund“, die Menschen in Deutschland liebten und kauften Zeitschriften en masse, und Inhalte seien gerade im digitalen Zeitalter so gefragt wie nie: „Noch nie gab es so viel Zukunft wie heute.“ Das Problem seien vielmehr Überangebot und Preisverfall von Werbefläche. Welte: „Es gibt keine Verlagskrise, sondern einen technisch getriebenen Wandel des Werbemarktes.“ Der Krieg der Medien ist vorbei, das ist oldschool.
Julia Jäkel
Julia Jäkel übt den Schulterschluss mit anderen Verlagen
Einen weniger forschen als verbindenden Keynote-Ansatz wählt G+J-Chefin Julia Jäkel. Trotz allen Hauens und Stechens im Vertriebs- und Werbemarkt gelte: „Der Krieg der Medien ist vorbei, das ist oldschool.“ Der Erfolg des einen sei nicht mehr unbedingt der Misserfolg des anderen. Es gehe sogar zwischen unterschiedlichen Mediengattungen nicht mehr ums gegenseitige Bekämpfen, sondern ums Vernetzen, aus der Perspektive des Leser und Users. Für jene seien „die Zeiten nie besser gewesen“. So resultiere etwa der Vertriebserfolg des Frauenmagazins „Flow“ aus seiner Verbreitung und Wünschen in den sozialen Medien.
Das ist ganz im Sinne von Duncan Edwards, dem weltweiten CEO der Hearst-Gruppe. „Für das Inhaltsgeschäft waren es noch nie bessere Zeiten als heute.“ Verlage sollten aber weniger über Auflagen reden und eher über Erfolgsmessungen, die mehr mit den Lesern zu tun haben. rp