BR-Intedant Ulrich Wilhelm hat sich durchgesetzt (Bild: BR)
Die Sorgen der privaten Radiosender verhallten ungehört. Der Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks (BR) hat wie geplant gestern den Frequenztausch von BR Klassik mit der bislang nur digital sendenden Jugendwelle Puls beschlossen. Damit wandert BR Klassik ins Digitalradio, während Puls künftig in Bayern auf starken UKW-Frequenzen senden darf.
Die einzige Abweichung, die der Rat nach zweieinhalbstündiger Diskussion zum Ursprungsplan beschlossen hat, ist der Termin, zu dem der Tausch über die Bühne gehen soll: Statt 2016 wird
Puls nun erst ab 2018 via UKW senden. Dieser Kompromiss soll Gelegenheit zu weiteren Diskussionen geben. "Man hat Zeit gewonnen, um nochmal ins Gespräch zu kommen", sagt
Matthias Fack, Vorsitzender des Hörfunkausschusses im BR Fernsehen.
Dass die zwei Jahre die Sichtweisen verändern, ist jedoch unwahrscheinlich. Klassikfans kritisieren die Verschiebung und fürchten um die Reichweiten von
BR Klassik. Bislang ist der Digitalradio-Standard
DAB+ weit von einer flächendeckenden Marktdurchdringung entfernt. Die Hörer werden eher via Kabel, Satellit und Internet einschalten müssen. BR-Intendant
Ulrich Wilhelm betont dagegen, dass "Klassik ein Markenzeichen des BR" sei und dass er alles tun wolle, "dass es weiter glänzen kann".
Den Frequenztausch begründet der BR mit einem "drohenden Generationenabriss". Der gebührenfinanzierte öffentlich-rechtliche Sender fürchtet, die jungen Hörer nicht mehr zu erreichen. Die ehemalige junge Welle
Bayern 3 ist in die Jahre gekommen und verliert derzeit deutlich gegen den privaten Sender
Antenne Bayern, der mit großem Abstand zum Marktführer in Bayern avanciert ist. Umpositionierungen von Bayern 3 oder ein Frequenztausch hat der BR nicht diskutiert.
Die privaten Sender, auch vertreten durch die Verbände
VPRT und
APR, rechnen jedoch mit deutlichen Umsatzverlusten durch die Aufschaltung von Puls. Zwar wird Puls werbefrei sein. Doch das klare Ziel des Tausches ist es laut BR, mit Puls "mehr Hörer zu gewinnen". Hörer, die dann bei anderen Sendern fehlen und zu Reichweitenverluste führen. Diese wiederum werden von der Werbeindustrie durch Shifts in andere Medien quittiert.
"Aufgrund der massiven Frequenzüberlegenheit des BR verträgt der bayerische Radiomarkt kein drittes landesweites Programm des BR mit einer klaren Quotenorientierung", kritisierte
Klaus Schunk, Vorsitzen des Fachbereichs Radio und Audiodienste des
Verbandes Privater Rundfunk und Telemedien, die Pläne im Vorfeld. Die Kanzlei
Roever Broenner Susat hatte die Ausfälle in einem Gutachten bei den Privaten auf rund 64 Millionen Euro brutto beziffert. Auch Bayern 3 muss demnach mit einem Minus rechnen.
Felix Kovac, Vorsitzender der
Arbeitsgemeinschaft Privater Rundfunk, die hauptsächlich Lokal- und Regionalradios vertritt, prangert vor allem die geplante crossmediale Ausrichtung des Programms an. "Crossmedial und interaktiv soll das Angebot sein, also einen nationalen Fernsehkanal mit einem zentralen Onlineauftritt und allen sogenantenn jungen Radiowellen der ARD miteinander verknüpfen", sagt er. Würde ein privates Medienunternehmen solche Pläne schmieden, so seien direkt die Kartellwächter und Medienaufseher auf dem Plan und würden das Vorhaben unterbinden, glaubt er.
pap