Klaus-Peter Schulz heuert beim Mediaverband OMG an
Klaus-Peter Schulz, Geschäftsführer des Mediaagenturverbandes OMG, warnt vor einer Umstellung des Abrechnungssystems im TV auf sekundengenaue Abrechnung. Diese hatte der Kundenverband OWM vergangene Woche gefordert. Aus Schulz Sicht wären die Profiteure die TV-Konzerne. "Ich kann die OWM daher nur davor warnen, die Vorteile unseres Preisgruppentarifmodells für ein GRP-Systems aufzugeben. Aus unserer Sicht brächte das für die Kunden nur Nachteile", sagt Schulz im HORIZONT-Interview.
Herr Schulz, der Kundenverband OWM hat vergangene Woche von den TV-Vermarktern eine sekundengenaue Abrechnung der Spots auf Basis echter Reichweiten gefordert. Was halten Sie von dem Vorschlag?
Das ist bereits 1995 von der OWM und 2003 nochmal im Markt ausführlich diskutiert worden. Wenn man sich von dem in Deutschland bislang genutzten Tarifgruppen-Schema verabschiedet, dann ist man beim britischen System, in dem nach Cost-per-GRP, also der Reichweite in Prozent, abgerechnet wird. Wir warnen davor, das deutsche Preisgruppenmodell für einen GRP-Ansatz aufzugeben, weil wir glauben, dass es mehr Nachteile bringt als Vorteile.
Die OWM argumentiert, dass die Reichweiten in den Werbeblöcken sinken und deshalb eine genauere Abrechnung sinnvoll ist. Das klingt doch plausibel.
Es ist für Kunden schon ärgerlich wenn über Jahre Reichweiten in jungen Zielgruppen sinken und Tausend-Kontakt-Preise steigen, zumal auch noch Paneleffekte hinzukommen. Aber die Abrechnung nach Spots löst nicht das Problem veränderter Medianutzung. Man muß genau anschauen, was zwischen Programm und Werbung passiert. Erstens hat sich Zapping deutlich reduziert. Vor zehn Jahren betrug der Unterschied zwischen den Programmreichweiten und denen in der Werbeinsel noch circa 35 Prozent, heute sind es nur noch 20 bis 25 Prozent. Früher haben die Leute mit der Fernbedienung umgeschaltet, heute wenden sie ihre Aufmerksamkeit dem Second oder Third Screen zu – mit der Folge, dass die Zappingquoten sinken.
Das OWM-Argument beim Zapping ist, dass die Reichweiten am Anfang und Ende der Werbeinseln hoch sind und in der Mitte niedrig. Die Preise sollten dem folgen.
Hier kommen wir zum zweiten Punkt: Dahinter steht die Annahme, dass die Einschaltverläufe in Werbeblöcken einem U folgen. Das ist aber nicht immer so. Am Vorabend kommen zum Beispiel immer mehr Zuschauer dazu. Nach 22 Uhr werden es dagegen immer weniger. Dazu kommen Einzeleffekte aus dem Umschaltverhalten, nur schwer zu prognostizieren. Drittens haben sich die Werbeblöcke verändert: Nach dem Programm kommen circa 60 Sekunden lang Special Ads wie zum Beispiel Pre-Splits und Trailer. Erst dann die Werbeinsel. Wer zappt, ist aber schon nach fünfzehn bis zwanzig Sekunden weg. Das bedeutet, man ist schon am Sockel, wenn die eigentliche Werbung anfängt. Schon der erste Spot oszillert um Index 100, die Reichweitenunterschiede der Spots in der Insel sind weitgehend nivelliert. Dann bringt eine Einzelabrechnung nichts.
Fordert die OWM aber nicht zu Recht, das Modell der Werbeblockreichweite inklusive Trailer zu beenden und die Trailer in die Mitte des Blocks zu setzen?
In den ausgewiesenen und abgerechneten Werbeblockreichweiten sind keine Trailer enthalten. Sie laufen vor- oder nach der als solche codierten Werbeinsel. Sie können auch nicht mitten in der Werbeinsel geschaltet werden, weil nach dem Rundfunkstaatsvertrag Programm und Werbung zu trennen sind.
Was würde ein GRP-Modell für die Mediaplanung und den -einkauf bedeuten?
Wenn nach GRP abgerechnet wird, liefern die Sender Reichweite, die man sekundengenau messen kann. Dann würden sie Pakete bauen, zum Beispiel nach Umfeldern, Preisen oder Zeiten. In Großbritannien und Italien, wo es solche Modelle gibt, kann man sehen, dass diese den Vermarktern sehr entgegen kommen. Solange es wie in Deutschland ein Tarif-Preisgruppenschema gibt, gibt es auch einen Maßstab für die Inflation auf Bruttopreisebene. Das fällt im Cost-per-GRP Modell weg. Jedes Jahr werden die Packages neu zusammengestellt. Das öffnet der Inflation Tür und Tor. In Großbritannien waren die Preissteigerungen der letzten Jahre weit höher als in Deutschland.
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Sehen Sie noch weitere negative Folgen?
Ja. Im Moment geht es bei der Optimierung in unserem Ratecard-Modell darum, Werbeinseln mit überdurchschnittlichen Reichweiten in den einzelnen Tarifgruppen heraus zu picken. Das bringt erhebliche Preis-Leistungs-Vorteile und spielt daher auch in Agentur-Pitches eine große Rolle. Denn wenn Programme mehr Reichweite bringen als vom Sender gepreist, bleibt der Vorteil beim Kunden. Wenn die Inseln nicht performen, also die Programme floppen, gleichen die Vermarkter das hingegen durch Naturalrabatte aus. All das entfiele bei einem GRP-Modell. Vermarkter können das gut finden, Kunden eher nicht. Ich kann die OWM daher nur davor warnen, die Vorteile unseres Preisgruppentarifmodells für ein GRP-Systems aufzugeben. Aus unserer Sicht brächte das für die Kunden nur Nachteile.
Interview: pap