Gabor Steingart stichelt weiter gegen die "FAZ" (Bild: Handelsblatt)
Während die Ukraine am Rande eines veritablen Krieges steht, liefert sich "Handelsblatt"-Herausgeber Gabor Steingart eine publizistische Auseinandersetzung mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung": Nachdem Steingart dem Blatt vor Kurzem bereits attestiert hatte, "geistige Einberufungsbescheide" zu veröffentlichen, legt er nun einen Rückruf der Ausgabe vom vergangenen Wochenende nahe.
Die Titelseite der "FAZ" vom vergangenen Samstag (Bild: FAZ)
Der Grund: Steingart wirft der "FAZ" vor, sie habe die Nachricht, dass ukrainische Truppen russische Militärfahrzeuge angegriffen hätten, auf ihrer samstäglichen Titelseite zur Tatsache erhoben. Die Meldung sei am Montag allerdings durch OSZE-Beobachter dementiert worden. "Wäre der FAZ-Verlag ein Automobilhersteller, müsste er seine Wochenendausgabe in die Druckerei zurückrufen",
ätzt Steingart in seinem Morningbriefing vom Mittwoch.
Nun verhält es sich mit einer Tageszeitung anders als mit einem Automobil: Letzteres hat eine wesentlich längere Halbwertszeit. Und ein häufig bemühtes Sprichwort sagt ja: "Nichts ist so alt wie die Zeitung von gestern." Ein Freifahrtschein für Falschmeldungen kann das aber nicht sein - insofern berührt Steingarts Kritik durchaus einen sensiblen Punkt. Aber würde man jede Zeitungsausgabe, die Fehler enthält, zurückrufen, hätten Medienhäuser ganz schön viel zu tun. Nicht umsonst gibt es - häufig recht versteckt - die kleinen Korrekturkästen im gedruckten Blatt.
Es ist nicht das erste Mal, dass Steingart in seinem Morgen-Newsletter die "FAZ" explizit angreift. Am 4. August reagierte er auf
einen Leitartikel der Zeitung, in dem der Autor Reinhard Veser gefordert hatte, der Westen müsse gegenüber Russland "seine wirtschaftliche, politische und militärische Abwehrbereitschaft stärken und auch demonstrieren." Für Steingart lasen sich diese Sätze "wie geistige Einberufungsbescheide."
Die "FAZ" ließ die Kritik seinerzeit nicht auf sich sitzen: "Ein rezeptiver Kurzschluss beim Frühstücksei" habe Steingart offenbar zu seiner Kritik veranlasst,
schrieb Feuilleton-Redakteur Christian Geyer, um den Spieß anschließend umzudrehen: "Wer so fahrlässig mit dem Vorwurf der Kriegstreiberei umgeht wie Steingart, schreibt sich selbst, vornehm ausgedrückt, zu einem Risikoträger des journalistischen Handwerks hoch." Ob die "FAZ" Steingarts Fehdehandschuh erneut aufnimmt und die publizistische Auseinandersetzung weitergeht - derzeit noch offen.
ire