Nun, da die Abgänge von Chefredakteur
Wolfgang Büchner und von Geschäftsführer
Ove Saffe beschlossene Sache sind, wird deutlich, wie sehr die Führungskrise das Haus beschäftigt hat. "Spiegel"-Auto
Cordt Schnibben hat seinen Ärger über Büchner auf Facebook wortreich dargelegt. Und auch der Betriebsrat von Spiegel Online nutzt die Gunst der Stunde, um Bilanz aus den vergangenen Monaten zu ziehen. Die Botschaft: "Die Gräben zwischen Online und Print sind tiefer als je zuvor."
© Carsten Milbret / HORIZONT
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Es ist vollbracht – teilweise: Nach monatelangem zermürbenden Gezerre um Chefredakteur Wolfgang Büchner und um sein digitales Umbaukonzept klären die Gesellschafter des „Spiegel“ jetzt immerhin einige Führungsfragen. Eine wichtige bleibt aber weiterhin offen.
Während der Querelen der vergangenen Monate klang immer wieder durch, dass
Büchners Reform-Kurs bei den Print-Redakteuren auf Ablehnung stieß, auf Seiten der Onliner aber durchaus Anklang fand. Zur Erinnerung: Die Online-Belegschaft ist nicht Teil der Mitarbeiter-KG, die mit 50,5 Prozent am Spiegel-Verlag beteiligt ist - was sich auch in Mitspracherechten und Bezahlung niederschlägt. Mit Büchners Demission scheint sich die Print-Fraktion durchgesetzt zu haben. Laut Online-Betriebsrat sei es nun "Zeit für eine Zäsur". Denn: "Die Weiterentwicklung des Digitalen ist die Lebensversicherung des gesamten Verlages".
Das Gremium wirbt nun dafür, die Unterschiede zwischen Print und Online im Interesse des gesamten Hauses künftig einzuebnen. Das Rezept: Die künftige Führung aus Heft und Online müsse aus gleichberechtigten Mitgliedern bestehen, zudem sollten "die höchst unterschiedlichen Arbeits- und Vertragsbedingungen" angeglichen werden. Auch wenn Wolfgang Büchner bald nicht mehr da sein wird, so wird aus dem Schreiben doch deutlich: die drängendsten Fragen aus seiner Ära werden den "Spiegel" auch darüber hinaus noch begleiten.
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Das Schreiben des Online-Betriebsrates im Wortlaut:
Liebe Kollegen,die monatelange Hängepartie ist vorbei. Ihr Ergebnis ist: die Gräben zwischen Online und Print sind tiefer als je zuvor. Das Image des Hauses in der Öffentlichkeit ist katastrophal. Der Verlag hat den dringend notwendigen Wandel nicht vollzogen. Wir fragen uns alle, wie es jetzt weiter geht. Was wird aus SPIEGEL ONLINE und manager magazin new media? Was wird aus unseren Arbeitsplätzen?
Tatsache ist:- Der SPIEGEL hat 20 Jahre im Internet Maßstäbe gesetzt und geschäftlich mehr Erfolg erzielt als die gesamte Konkurrenz. Wir waren Innovatoren im Medienmarkt.
- Wir besitzen alle Voraussetzungen, um den digitalen Wandel mit Erfolg zu meistern.
- SPIEGEL ONLINE hat die Marke SPIEGEL überhaupt erst in die jüngere Leserschaft transportiert. Für Digital Natives gibt es den SPIEGEL nur in Form seiner digitalen Angebote.
Nötig ist:- Die Diskussion über die Weiterentwicklung des Digitalen muss die negative Konnotation verlieren. Denn es geht um die Zukunftsfähigkeit des gesamten Verlages.
- Das Knowhow aus Print und Digital muss genutzt werden.
- Die künftige Führung aus Heft und Online muss aus gleichberechtigten Mitgliedern bestehen.
- Die höchst unterschiedlichen Arbeits- und Vertragsbedingungen müssen angeglichen werden. Nach wie vor besteht ein Gefälle bei Einkommen und Sozialleistungen innerhalb des Hauses. Auch von unserem Gewinn fließen 42,5 Prozent an die Mitglieder der MitarbeiterKG.
- Es muss eine bessere und stetige Kommunikation der Führungskräfte gegenüber den Mitarbeitern geben. Es kann nicht sein, dass wir Onliner oft zuletzt von neuen Entwicklungen erfahren.
Es ist Zeit für eine Zäsur. Die Weiterentwicklung des Digitalen ist die Lebensversicherung des gesamten Verlages. Euer Betriebsrat