"Schön, aber nicht genug"

Golem.de zieht erste Abo-Bilanz

Golem.de hat im August ein eigenes Abo-Modell eingeführt
Screenshot Golem.de
Golem.de hat im August ein eigenes Abo-Modell eingeführt
Es ist die Gretchenfrage für viele Medienhäuser und Verlage: Wie können wir mit unseren Inhalten im Internet Geld verdienen? Viele redaktionelle Angebote experimentieren mittlerweile mit Bezahlschranken und Abo-Modellen im Netz, konkrete Zahlen nennen bislang nur wenige. Das IT-Portal Golem.de hat nach fünf Monaten nun eine erste Bilanz gezogen.
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Das IT-Portal versucht seit August, mit dem selbst entwickelten Abo-Modell "Golem pur" zusätzliche Einnahmen neben den klassischen Werbeerlösen zu erzielen. Im Gegensatz zu den meisten anderen redaktionellen Websites, bei denen das redaktionelle Angebot oder zumindest Teile davon hinter einer Bezahlschranken verschwindet, hat sich Golem.de für einen anderen Ansatz entschieden. Für überschaubare 2,50 Euro im Monat können Nutzer Werbung ausblenden, werden darüberhinaus auf der Website nicht getrackt und bekommen exklusiv einige Zusatzfunktionen. Damit zogen die Macher auch die Konsequenzen aus dem hohen Anteil von Nutzern, die AdBlocker verwenden - bei Golem.de mehr als 50 Prozent. "Denn Nutzer, die Werbung blockieren, bringen kein Geld, verursachen aber Kosten (Server, Strom, Traffic)", begründet das Portal in einem Beitrag in eigener Sache das Modell.

Die erste Bilanz nach rund fünf Monaten fällt gemischt aus: Am 31. Dezember 2014 zählte Golem.de 1.638 Abonnenten. Davon haben sich 1.279 für ein Zwölfmonatsabo entschieden, 253 für die Sechsmonatsoption, 106 für die Einmonatslösung. "Ob wir mit der Zahl zufrieden sind?", fragen die Macher rethorisch: "Wie so oft ist die Antwort nicht eindeutig. Dafür, dass wir eines der ersten Onlinemedien sind, das so ein Modell anbietet: ja. Dafür, dass die Zahlungsbereitschaft für Nachrichten und Texte im Internet weiterhin gering ist: ja. Dafür, dass wir keine Goodies, exklusiven Inhalte oder andere Lockangebote anbieten: ja. Wir wissen auch, wie vergleichbare Projekte anderer Medienhäuser in und außerhalb Deutschland funktionieren und können auch hier sagen: Ja, wir sind zufrieden."

Allerdings müsse man sich auch eingestehen: Es könnte besser laufen. So habe man die Werbung für das Abo-Modell zu Beginn "sträflich vernachlässigt", selbst einen Hinweis auf der Startseite habe es wochenlang nicht gegeben. Gemessen an der Zahl der Unique User des Portals in Höhe von 1,92 Millionen liege die Aboquote bei nicht einmal einem Prozent. Und im Vergleich zu Portalen mit ähnlichen Modellen wie Netzpolitik.org oder taz.de "wirken unsere eigenen Zahlen ernüchternd".

Derzeit nehme man durch das Abo pro Monat 3680 Euro ein. Damit könne man fast eine Redakteursstelle absichern: "Das ist schön, aber nicht genug." Langfristig strebe man eine Abozahl im Bereich von einem bis fünf Prozent der regelmäßigen Leser an. Dieses Ziel erscheine erreichbar, auch weil man sich bei der Preisgestaltung an der Zahlungsbereitschaft der User orientiere.

"Wir sehen uns am Beginn eines spannenden, langen Weges", so das Fazit von Golem.de. "Wie alle Onlinemedien müssen wir daran arbeiten, neue Einnahmequellen zu erschließen. Das Abo kann dabei nur eins von mehreren Standbeinen sein. Es ist aber wichtig für unser Weiterbestehen. Wir sehen das Abo in den kommenden Jahren vor allem als Ausgleich zu den rückläufigen Anzeigeneinnahmen, die auf die hohe Adblock-Nutzer-Rate und den einsetzenden radikalen Wandel des Werbemarkts zurückzuführen sind." dh
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