SWMH

„Sonntag aktuell“ steht vor dem Aus

Die aktuelle Ausgabe von "Sonntag Aktuell"
Medienholding Süd
Die aktuelle Ausgabe von "Sonntag Aktuell"
Im Pressehaus Stuttgart kursiert derzeit ein 24-seitiger Dummy für eine erweiterte, gemeinsame Wochenendbeilage von „Stuttgarter Zeitung“ und „Stuttgarter Nachrichten“. Sollte es die nun anlaufenden Tests der Marktforschung bestehen, würde dies das Aus für „Sonntag aktuell“ bedeuten.
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Entstanden ist der Dummy unter Federführung von Christoph Reisinger, Chefredakteur der „Stuttgarter Nachrichten“. Reisinger bestätigt: „Die Beilage ist Teil eines Alternativkonzepts zu “Sonntag aktuell‘“.

Christoph Reisinger, Chefredakteur der „Stuttgarter Nachrichten“
Medienholding Süd
Christoph Reisinger, Chefredakteur der „Stuttgarter Nachrichten“
Ende der 1970er Jahre hatte das Stuttgarter Medienhaus, das heute als  Südwestdeutsche Medienholding (SWMH) firmiert, „Sonntag aktuell“ als zusätzlichen Service für die Abonnenten ihrer Zeitungen gegründet. Das Konzept war durchaus ambitioniert: Mit Nachrichten, Sportaktualität und Unterhaltung wollten sich die Südwest-Verleger dem Sonntags-Monopol des Springer-Verlags entgegen stemmen. Auch konzernfremde Verlage schlossen sich dem Angebot an. Zu seinen besten Zeiten erschien „Sonntag aktuell“ in einer Auflage von rund einer Million Exemplaren und hatte sich damit, obgleich nur im Südwesten der Republik verbreitet, zur größten Wochenendzeitung nach „Bild am Sonntag“ gemausert.

Seit Jahren allerdings sind die Ambitionen ins Stocken geraten. Nach und nach sprangen Partnerverlage ab, zuletzt die „Heidenheimer Neue Presse“. Die Auflage halbierte sich nahezu. Aktuell wird „Sonntag aktuell“ noch von rund zwanzig Zeitungen vertrieben. Dazu zählen der „Mannheimer Morgen“, die „Südwestpresse“ in Ulm, die „Ludwigsburger Kreiszeitung“ und der „Reutlinger Generalanzeiger“. Die „Rheinpfalz“ und die „Pirmasenser Zeitung“ vom SWMH-Hauptgesellschafter Medien-Union beziehen seit 2006 nur noch die Reiseseiten aus Stuttgart.

Die sinkende Verbreitung belastete das ohnehin schrumpfende Anzeigengeschäft, zusätzlich stiegen die Kosten für die Sonntagszustellung. Das gab der SWMH-Spitze um den geschäftsführenden Gesellschafter Richard Rebmann Anlass, sich Alternativen zu überlegen. Eine eigenständige Redaktion hat „Sonntag aktuell“ seit 2009 ohnehin nicht mehr. Sie wird von den „Stuttgarter Nachrichten“ nebenbei produziert. Reisinger ist Chefredakteur in Personalunion.

In Stuttgart, wo die Redakteure von „Stuttgarter Zeitung“ und „Stuttgarter Nachrichten“ einst selbst in der Kantine darauf achteten, an getrennten Tischen zu sitzen, wäre eine gemeinsame Wochenendbeilage beider Titel ein weiterer Schritt zu einer immer engeren Kooperation. Gerade meldete der „Spiegel“, die beiden Redaktionen könnten gar ihre Eigenständigkeit verlieren und fusionieren. Es sei „unsere Aufgabe, routinemäßig zu prüfen, ob und wie diese Zusammenarbeit weiterentwickelt werden kann“, kommentierte dies die SWMH und verwies darauf, dass es keinen Beschluss gebe. Reisinger sagt, die Tendenz sei klar. Sie laute: Kooperation, wo immer sich die Effizienz steigern lässt.
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Bisher geben beide Blätter gemeinsame Sonderprodukte heraus wie „Wirtschaft in Baden-Württemberg“ sowie die „Stuttgarter Kinder Zeitung“ und „Stuttgarter Kinder Nachrichten“. Inzwischen übernehmen die von Haus aus lokaler ausgerichteten „Stuttgarter Nachrichten“ von der immer noch überregional ausstrahlenden „Stuttgarter Zeitung“ aber auch Berichte aus dem Sublokalen und teilweise dem Regionalen. Auch online wird künftig verstärkt kooperiert. Um Kräfte zu bündeln, etwa bei der Produktion von Videos oder in der Suchmaschinenoptimierung, werden die bisher getrennten Redaktionen mit dem hauseigenen Dienstleister Stuttgart Internet Regional (SIR) zusammengelegt. Davon erhoffe sich die SWMH eine gezieltere Ausdifferenzierung der Webseiten von „Stuttgarter Nachrichten“ und „Stuttgarter Zeitung“, sagt Reisinger.

Pikant an der neuesten Entwicklung ist, dass zu dem Team, das die neue Wochenendbeilage konzipierte, nicht nur Mitarbeiter der beiden Stuttgarter Titel, sondern auch der „Süddeutschen Zeitung“ mitgewirkt haben. Mit ihrer im Oktober eingeführten, vielfach beachteten „SZ am Wochenende“ dient das ebenfalls zur SWMH gehörende, überregional marktführende Blatt den Stuttgartern als Vorbild.

Vorausgesetzt, die Gesellschafter beschließen die Einführung der erweiterten Wochenendbeilage, bestätigt Reisinger, sollen zumindest einzelne Beiträge aus der „SZ am Wochenende“ übernommen und damit auch in der „Stuttgarter Zeitung“ und „Stuttgarter Nachrichten“ erscheinen. Zeitgleich. An einer bloßen Zweitverwertung sei man nicht interessiert. Ohnehin sei die Beilage, die auch außerhalb des Konzerns interessierten Verlagen angeboten werden soll, nur ein Teil möglicher weiterer Veränderungen. Die Überlegungen zu den Wochenendausgaben von „Stuttgarter Zeitung“ und „Stuttgarter Nachrichten“ könnten sich konzeptionell auch auf die Ausgaben an den Erscheinungstagen Donnerstag und Montag auswirken. usi



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