TV Bayern steht weiter unter Druck von Seiten der bayerischen Lokal-TV-Sender
Der Druck auf TV Bayern wächst: Nach München TV haben weitere bayerische Regionalsender dem Vermarkter eine Abmahnung geschickt, weil dieser in Sachen regionale Werbung mit Pro Sieben Sat 1 zusammenarbeiten möchte. Felic Kovac, Geschäftsführer der Augsburger a.tv, fürchtet, dass für die kleinen Sender dabei nur "Lousy Pennies" übrigblieben.
Der Beschwerde von München TV haben sich neben
a.tv auch
Allgäu.tv (Kempten),
Regio TV Schwaben (Neu-Ulm),
intv (Ingolstadt),
Donau TV (Deggendorf) und
Isar TV (Landshut) angeschlossen. Sie alle drohen TV Bayern damit, den Vermarktungsverbund zu verlassen, sollte die angestrebte Partnerschaft mit Pro Sieben Sat 1 zustande kommen.
Wir erinnern uns: Ende vergangenen Jahres erhielt der Medienkonzern die gerichtliche Erlaubnis,
auch Werbespots mit regionalem Zuschnitt auszustrahlen. Seitdem hat P7S1 in diesem Bereich einige Partnerschaften geschlossen, etwa mit regional ansässigen Werbekunden und mit Kabelnetzbetreibern. Auch in Bayern würde das Unternehmen gerne stärker regional werben. Die für diesen Zweck anvisierte Partnerschaft mit TV Bayern stand jedoch von Beginn an unter Beschuss regionaler Sender.
Diese hatten kritisiert, dass die geplante Vermarktungspartnerschaft nicht mit ihnen abgesprochen gewesen und überdies "nicht zielführend" sei.
Regionale Werbung
Pro Sieben Sat 1 plant Vermarktungspartnerschaft mit TV Bayern
Pro Sieben Sat 1 gibt weiter Gas in Sachen regionale Werbung. Nachdem das Medienunternehmen mit dem Küchenhändler Hebeisen kürzlich einen ersten Kunden für eine dezentrale Werbekampagne gewinnen konnte, plant man nun eine Vermarktungspartnerschaft in Bayern. ...
Nun konkretisiert a.tv-Geschäftsführer
Felix Kovac die Kritik der Sender: "Die Reichweitenunterschiede zwischen den bayerischen Lokalsendern und den Programmen der ProSiebenSat1-Gruppe sind eklatant. Unter marktüblichen Gesichtspunkten würde dies bedeuten, dass mögliche Erlöse nach eben diesen Reichweiten aufgeteilt würden. Große Gewinnerin wäre die ProSiebenSat1 Media AG. Wir bekämen lediglich 'lousy pennies' und im Gegenzug würden wir einen übermächtigen Mitbewerber unsere langjährigen Kundenkontakte eröffnen. Das wäre nicht nur kurzsichtig, sondern könnte für die betroffenen Lokalsender existenzgefährdend werden."
Für Kovac ist es überdies "mehr als offensichtlich, dass ProSiebenSat.1 die Zusammenarbeit mit dem Lokalfunk momentan nur aus Gründen der medienpolitischen Opportunität anstrebt. Sobald die Zusammenarbeit nicht mehr nützlich ist, könnte sie von ProSiebenSat.1 beendet werden und wir wären unsere wichtigen Regionalkunden endgültig los", so Kovac. Eine kartellrechtliche Einschätzung, die man bei einer Münchner Kanzlei eingeholt habe, sei zu dem Ergebnis gekommen, dass der Wettbewerb zwischen TV Bayern und P7S1 durch die geplante Partnerschaft beschränkt "wenn nicht sogar ganz ausgeschaltet" würde. Eine kartellrechtliche Freistellung sei daher "kaum vorstellbar", sagt Kovac und schiebt eine Spitze nach: "Ehrlich gesagt, sind wir verwundert darüber, dass dieser Aspekt offensichtlich weder von TV Bayern, noch von ProSiebenSat.1 im Vorfeld geprüft wurde."
Bei Pro Sieben Sat 1 reagiert man mit Unverständnis auf die Vorwürde der Regionalsender: "Selbstverständlich haben wir in unserem Kooperationsangebot an TV Bayern alle kartellrechtlichen Aspekte berücksichtigt. Es ist mit geltendem Recht konform. Man sollte sich informieren, bevor man haltlose Behauptungen in den Raum stellt", so Konzernsprecher und Executive Vice President Public Affairs
Julian Geist auf Anfrage von HORIZONT Online. "Abgesehen davon: Das Verhalten einiger Gesellschafter von TV Bayern ist offensichtlich eine Maßnahme, die einzig und allein dazu dient, diesen Markt gegen Wettbewerber abzuschotten." TV-Bayern-Geschäftsführer
Johannes Muhr war bislang für eine Stellungnahme nicht errreichen.
Als weiteres Druckmittel führen die Sender ins Feld, dass sie mit einer kombinierten Tagesreichweite von 424.000 Zuschauern rund die Hälfte der Reichweite des Portfolios von TV Bayern repräsentierten. Von der bayerischen Politik wünscht sich Kovac, "die durch den ProSiebenSat.1-Konzern angestrebte Regionalisierung ihrer Werbezeitenvermarktung gänzlich zu unterbinden." Dass dies so bald geschieht, ist derzeit allerdings kaum vorstellbar. Immerhin hatte sich der Freistaat auf der vergangenen Ministerpräsidentenkonferenz
gegen ein Verbot regionaler Werbung gesperrt.
Die Konsequenz: Ein Verbot regionaler Werbung könnte frühestens im 18. Rundfunkänderungsstaatsvertrag verankdert werden - und die Gespräche darüber finden erst im kommenden Jahr statt. Die Frage ist, ob sich die Streithähne zwischenzeitlich am runden Tisch einig werden, oder ob sie sich während der kommenden Monate auch weiterhin scheinbar unversöhnlich gegenüber stehen. Zumal von Kundenseite bereits Signale zu hören waren, dass regionale Werbung dort durchaus erwünscht ist.
Und während sich überregionale TV-Sender und regionale Verlage weiter beharken, zieht am Horizont möglicherweise an weiterer, weitaus mächtigerer Konkurrent auf, der am Ende beiden gefährlich werden könnte: Vor Kurzem
hat Facebook auch hierzulande seine Local Awareness Ads eingeführt, mit denen Unternehmen Menschen erreichen können, die sich in unmittelbarer Nähe des Geschäfts befinden.
ire