Presserat

Sieben Rügen wegen Vermischung von Werbung und Redaktion

Von zehn Rügen gehen drei auf das Konto von Focus Online
Screenshot Focus Online
Von zehn Rügen gehen drei auf das Konto von Focus Online
Der wirtschaftliche Druck führt in vielen Verlagen offensichtlich zu einer mitunter fragwürdigen Kompromissbereitschaft Anzeigenkunden gegenüber. Der Deutsche Presserat hat heute zehn öffentliche Rügen wegen Verstößen gegen den Pressekodex ausgesprochen - darunter sieben wegen einer Verletzung des Gebots der klaren Trennung von Redaktion und Werbung.
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Dabei stehen auch namhafte Medien wie "Focus Onlihne", die "Rheinische Post" und die "Leipziger Volkszeitung" am Pranger. So hatte die "Rheinische Post" auf ihrer Website laut Presserat "ausschließlich positiv und völlig unkritisch" über das Kreditangebot einer Bank berichtet. Illustriert war der Beitrag mit dem Foto eines Bankmitarbeiters vor einem großen Werbeplakat - nach Auffassung des Presserats war die Grenze zur Schleichwerbung in diesem Fall deutlich überschritten.

Nicht gekennzeichnete Werbung sah der Presserat in gleich drei Veröffentlichungen der "Westfälischen Nachrichten": Die Zeitung hatte im Rahmen einer "Medienpartnerschaft" drei redaktionell gestaltete Beiträge über Unternehmen und ihr Angebot veröffentlicht. Beigestellt waren den Artikeln Anzeigen der Unternehmen. Der Presserat sah in den Beiträgen Werbung, die nicht als solche gekennzeichnet war und sprach eine Rüge aus.

Die "Leipziger Volkszeitung" verwies in einem redaktionellen Beitrag auf der Titelseite auf eine werbliche Veröffentlichung im Innenteil - nach Ansicht der Kontrolleure ist auch ein solcher Querverweis nicht mit dem Gebot der Trennung von Werbung und Redaktion vereinbar. Eine Rüge wegen Schleichwerbung kassierte auch "Sonntag Aktuell". Die Zeitung hatte in einem Artikel über Urlaubshotels werbliche Formulierungen verwendet und zudem im Umfeld der Beiträge zwei redaktionell gestaltete Anzeigen veröffentlicht, die als "Sonderveröffentlichung" gekennzeichnet waren - aus Sicht des Presserates eine unzureichende Kennzeichnung.

Das Magazin "L.A. Mulitmedia" hatte ebenfalls in werblicher Sprache über die IT-Produkte eines bestimmten Herstellers berichtet. Ein  Artikel war sogar von einem leitenden Mitarbeiter des Unternehmens verfasst worden. Das Reitsportmagazin "St. Georg" hatte ebenfalls den Beitrag eines Herstellers veröffentlicht. Darin wurde eine Reitsportkollektion für Kinder angepriesen - inklusive Hinweis auf konkrete Bezugsquellen. Beide Fälle wertete der Presserat als Schleichwerbung. Auch in einem Beitrag von Focus Online sah der Presserat Schleichwerbung: Das Portal habe in einem Beitrag über die Popularität einer Drogeriekette "jegliche Distanz vermissen lassen".

Focus Online wurde wegen zwei weiterer Verstöße gegen den Pressekodex gerügt: In einem Fall hatte die Nachrichtenseite das Werbevideo eines Wodkaherstellers gezeigt, in dem ein russischer Polizist vor einem Rudel Wölfe in ein Auto flüchtet. Dabei wurde allerdings an keiner Stelle erwähnt, dass es sich um Werbung handelt und die Wölfe computergeneriert sind. Nach Auffassung des Presserates ein schwerwiegender Verstoß gegen das in Ziffer 1 des Pressekodex festgeschriebene Gebot der wahrhaftigen Unterrichtung der Öffentlichkeit.

Darüberhinaus wurde Focus Online wegen der Verletzung des Persönlichkeitsschutzes gerügt. Die Website hatte im Zusammenhang mit dem Suizid einer 13-Jährigen ein Foto des Mädchens veröffentlicht - laut Presserat eine grobe Missachtung der in Ziffer 8.7 geforderten Zurückhaltung bei der Berichterstattung über Selbsttöttungen.

Eine Rüge kassierte auch "Bild Online": In einem Unfallvideo wurde der Moment des Aufpralls mehrfach wiederholt. Darin sah der Presserat eine unangemessene sensationelle Darstellung und einen Verstoß gegen Ziffer 11 des Pressekodex. dh



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