So sah die Startseite der "Times" am 7. Januar 2014 aus... (Bild: Screenshot nytimes.com)
Am 8. Januar ist es so weit: Dann soll die
Website der altehrwürdigen "New York Times" in neuem Glanz erstrahlen. Bereits jetzt kommen einige ausgewählte Nutzer im Rahmen eines Testlaufs das neue Design zu sehen. Für alle anderen macht ein Teaser auf der Startseite auf die kommenden Veränderungen aufmerksam. Klickt man darauf, wird man auf
eine Landingpage geleitet, auf der die einzelnen Elemente des Redesigns erläutert werden. Die Ziele hat
Denise Warren, Executive Vice President für Digitale Produkte bei der "Times",
bereits umrissen: Eine bessere Leseerfahrung auf Desktop-PCs und mobilen Endgeräten durch Responsive Design, kürzere Ladezeiten, mehr Interaktionsmöglichkeiten für die Leser sowie prominentere Platzierungen von Videos und Fotos.
Die Veränderungen im Einzelnen:
Start- und Artikelseite
Auf den ersten Blick (
ersichtlich hier bei "Mashable") fällt auf, dass nytimes.com wieder schwarz-weiß wird und die grobe Gliederung der Startseite erhalten bleibt: Die "Times" bleibt ihrer Aufmachung in drei Spalten treu, allerdings lässt die veränderte Farbgebung und die aufgeräumte linke Spalte die Seite etwas übersichtlicher erscheinen - und rückt sie von der Anmutung her näher an das gedruckte Blatt. Auf den Artikelseiten soll es ebenfalls übersichtlicher und vor allem unkomplizierter zugehen. So können die Leser künftig allein durch scrollen auch lange Texte durchlesen. Eine Strategie, die immer mehr Websiten verfolgen, zeigt die Erfahrung doch, dass Online-Leser beim Lesen eines Artikels nur ungern die Tasten ihrer Maus oder ihr Touchpad bedienen wollen.
Mehr Platz für Bilder und Videos
...und das erwartet die Leser künftig (Bild: Screenshot nytimes.com)
Bildern und Videos wird künftig mehr Platz eingeräumt. Fotos lassen sich wahlweise per Klick vergrößern, wobei im Hintergrund stets die Artikelseite geöffnet bleibt. Welche Rolle Bewegtbild-Inhalte spielen sollen, wird aus der Vorabpräsentation noch nicht vollends ersichtlich. Man darf jedoch erwarten, dass es in Zukunft mehr Videocontent bei der "New York Times" geben wird - nicht zuletzt deshalb, weil sich damit mehr Geld aus der Vermarktung holen lässt.
Empfehlungen
Will der Nutzer nach der Lektüre eines Artikels zur nächsten Story, reicht ein Klick auf den Pfeil am Seitenrand. Doch die "Times" hält noch weitere Mittel parat, um den Leser auf ihren Seiten zu halten: Von Artikelempfehlungen aus dem jeweiligen Ressort, in dem der Leser sich gerade befindet, über die am häufigsten versendeten Artikel des Tages bis hin zu komplett personalisierten Empfehlungen soll dem Nutzer weiteres Lesefutter angeboten werden. Unentschlossene bzw. vielseitig interessierte Leser finden in der linken oberen Ecke jeder Seite eine "Sections"-Liste, die sich per Mouseover aufklappen lässt und Abkürzungen zu anderen Ressorts auflistet. Das dürfte die Verweildauer der "Times"-User auf der Seite erhöhen - und dadurch womöglich die Zahl derer, die an die Bezahlschranke stoßen und denen der Abschluss eines
der zahlreichen Digitalabos vorgeschlagen wird.
Ein stets präsenter "Sharing"-Button erleichtert das Teilen (Bild: Screenshot nytimes.com)
Soziale und interaktive Features
Jedoch sollen die Leser nicht nur durch einfachere Navigation und Leseempfehlungen bei Laune gehalten werden, die neue "New York Times" bietet auch mehr soziale Features. So ermöglicht ein permanent sichtbarer "Sharing"-Button das Teilen einer Story über soziale Netzwerke oder via E-Mail. Die Aufwertung der Leserschaft wird zudem durch eine stärkere Präsenz der Userkommentare ersichtlich: Künftig lässt sich auf Artikelseiten eine Spalte aufklappen, in der die Kommentare der Leser auftauchen.
Neue Werbeformen
Natürlich hat auch ein globales Leitmedium wie die "New York Times" mit rückläufigen Werberlösen zu kämpfen. Insgesamt verdiente die Zeitung im 3. Quartal 2013 rund 138 Millionen Dollar mit Werbung, knapp 32 Millionen davon im Onlinebereich (- 3,4 Prozent). Die mehr als 700.000 Digitalabonnenten wiegen diesen Verlust zwar mittlerweile auf - dennoch muss die "Times" im Digitalen wieder mehr Werbegelder umsetzen. Dafür geht die Zeitung nun einen Schritt, den man gemessen an früheren Aussagen von "Times"-Managern als Tabubruch bezeichnen darf: Das Redesign der Online-Ausgabe beinhaltet nämlich auch die Integration von Native Advertising. Dahinter verbergen sich Werbeformate, die sich von der Darstellung her dem Design einer Website anpassen und auf den ersten Blick kaum vom redaktionellen Content unterschieden werden können.
Noch im vergangenen September erteilte Marketingchefin
Yasmin Namini dieser Werbeform
eine klare Absage. Und offenbar scheinen die Vorbehalte gegen Native Advertising intern noch immer nicht komplett ausgeräumt. Immerhin sah sich Verleger
Arthur Sulzberger Jr. gezwungen,
in einem Brief an die Belegschaft zu erklären, wie die "New York Times" Native Advertising umsetzen will. So würden entsprechende Anzeigen etwa mit einem farbigen Balken und dem Zusatz "Paid Post" versehen, um dem Leser die Unterscheidung zu vereinfachen. Außerdem versprach Sulzberger eine strikte Trennung von Newsroom und Anzeigenabteilung.
Fazit
Mit dem Redesign ihres Online-Angebots demonstriert die "New York Times" nun auch optisch ihren Status als eine der bedeutendsten Online-Medien unserer Tage. Denn im Vergleich zur alten Website, die ein wenig statisch und unruhig daherkam, wirkt das erneuerte Angebot deutlich moderner. Die optische Annäherung an das gedruckte Blatt sorgt zudem dafür, dass die im "Times"-Tower hoch gehandelte Identität der Medienmarke "New York Times" als Traditionsblatt deutlicher hervortritt. Zwei Punkte dürften aus wirtschaftlicher Sicht besonders relevant sein: Welches Gewicht Bewegtbildinhalte künftig haben werden, und wie sich die angekündigten "Paid Posts" in das Gesamtbild fügen. Denn daraus folgt Punkt drei: Die Entwicklung der Werbeerlöse.
ire