Micky Beisenherz
Micky Beisenherz hat immer einen flotten Spruch auf Lager. Vom Gag-Schreiber für "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!" hat sich der 38-Jährige längst zum meinungsstarken "Stern"-Kolumnisten und pointierenden Satiriker gewandelt. Und das vor allem mit der Hilfe von Social Media. Beim
Online-Marketing-Rockstars-Festival sprach er mit HORIZONT Online über die Glaubwürdigkeit von Youtubern und die Stilblüten von Dschungelcamper Thorsten Legat.
Herr Beisenherz, Sie sind in den traditionellen Medien TV und Radio groß geworden. Fühlen Sie sich als Speaker bei den Online Marketing Rockstars nicht ein wenig fehl am Platz? Nein, nicht wirklich. Ich muss allerdings zugeben, dass ich in dieser Welt nicht unbedingt zuhause bin. Ich komme schließlich in erster Linie von der Performer-Seite und nicht von der Vermarkter-Seite. Das heißt, ich bin derjenige, der den Content produziert und veröffentlicht.
Sind Sie in Ihrer Arbeit als Autor und Moderator je mit dem Thema Marketing in Berührung gekommen? Ich habe immer wieder mal mit Werbeagenturen zusammengearbeitet, entweder in meiner Funktion als Autor oder als Performer. Für Beck's beispielsweise habe ich mal online geworben. Und die Telekom hatte mich - oh Gott, das müsste schon sieben Jahre her sein - ebenfalls für eine Online-Kampagne verpflichtet. Da war ich noch auf MySpace aktiv
(lacht).
Bekommen Sie immer noch Werbe-Angebote von Marken? Ab und an. Aber eigentlich ignoriere ich alle Anfragen geflissentlich.
Warum? Weil es einfach oftmals nicht passt. Es geht ja darum, glaubwürdig zu bleiben. Wann immer ich Produkte in irgendeiner Form begleitet habe, war es mir immer wichtig, dass ich ehrlich zu meinem Publikum bin und ihm nichts vormache. Die erfolgreichsten Fernsehsendungen funktionieren auf diese Art und Weise, genauso wie die besten Auftritte in Print und Online. Sprich, jedes Produkt, das ich ohnehin nutze, kann ich auch bewerben - etwa Kleidung. Dann habe ich auch kein Problem damit, mich im Zweifel von einer bestimmten Marke ausstatten zu lassen. Sobald es aber in Verkleidung ausartet oder ich plötzlich anfange zu rauchen, weil mich Marlboro sponsert, dann wird’s einfach unglaubwürdig.
Bei welchen Produkten würde es denn passen? Bier zum Beispiel
(lacht). Damit habe ich kein Problem. Dann würde ich mir auch den Vorwurf gefallen lassen Alkoholismus zu fördern. Den Kritikern würde ich entgegnen: Tut mir Leid, aber ich trinke nun mal gerne Bier.
Die sind zwar erfolgreich, aber die meisten mit einem wahnsinnig dünnen Content und Glückskeksbotschaften. Youtuber wie beispielsweise LeFloid, der einen informativen Content liefert, sind eine Ausnahme.
Micky Beisenherz
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Auch bekannte Influencer wie Bibi oder DagiBee argumentieren immer wieder mit ihrer Glaubwürdigkeit. Wie nehmen Sie die Youtuber-Szene denn wahr? Ich verfolge das nur peripher. Das sind Figuren, die in meiner Welt eigentlich so gut wie gar nicht stattfinden. Natürlich weiß ich wer die sind, ich registriere auch einen Sami Slimani und Ähnliche. Die sind zwar erfolgreich, aber die meisten mit einem wahnsinnig dünnen Content und Glückskeksbotschaften. Youtuber wie beispielsweise LeFloid, der einen informativen Content liefert, sind eine Ausnahme.
Themenwechsel: Wie hat Ihnen denn die jüngste Dschungelcamp-Staffel gefallen? Super! Mir hat sie in diesem Jahr sehr große Freude bereitet, sowohl als Autor als auch als Zuschauer. Die Staffel war quotenmäßig eine der drei besten und das würde ich inhaltlich genauso sehen. Die Camp-Bewohner haben meinen beiden Autorenkollegen und mir aber auch sehr gute Vorlagen geliefert!
Thorsten Legat, Helena Fürst und Co haben es Ihnen leicht gemacht? Ja, natürlich. Um eine Fußball-Allegorie zu benutzen: Die Vorlagen muss man schlicht und einfach verwerten. Wenn du diese Vorlagen nicht bekommst, passiert auch nichts. Spätestens an Tag 6 muss man dann unglaublich viel wühlen und aus allen Bereichen der Welt Meldungen zurechtbasteln, damit die Moderatoren überhaupt über ein Thema sprechen können. Aber wenn im Camp immer etwas passiert, egal ob es Sprüche sind oder einfache Vorkommnisse, dann bin ich als Autor dankbar, dass ich neue Dinge kreieren kann.
Zum Beispiel? Hätte Thorsten Legat nicht diese wunderbaren Stilblüten abgesondert, dann wären uns die Thorsten Legat-Zauberwürfel nicht eingefallen. Angefangen hat diese Idee mit Glückskeksen, bis wir uns letztendlich zur maximalen Pointe herangearbeitet haben.
Das vorletzte Dschungelcamp ging wohl als das langweiligste in die Geschichte ein. Keine gute Basis für einen Autoren. Das war wahnsinnig viel Arbeit, das stimmt. Aber, und das hat den Dschungel schon immer ausgezeichnet: Wir waren den Zuschauern gegenüber immer ehrlich und haben ihnen gesagt: „Leute, hier ist nichts passiert, es war wenig los, was sollen wir euch erzählen?“ Zum Beispiel gehen wir ja auch offen und ehrlich mit der Tatsache um, dass die Prominenten in Wirklichkeit keine sind. In der Regel wird dir im TV versucht weiszumachen, dass in einer bestimmten Sendung immer Topstars zu sehen sind. Wir jedoch sind ehrlich. Und was ist der Effekt: Das Publikum liebt dich. Und so entstand in der wohl langweiligsten Staffel ein Gefühl von "Wir stehen das gemeinsam durch".
Nach Thorsten Legat frage ich mich tatsächlich, über wen man noch besser Witze machen kann.
Micky Beisenherz
Apropos Glaubwürdigkeit des Dschungelcamps: Bahlsen hat vor wenigen Tagen vom Verwaltungsgericht Hannover einen Rüffel für die Platzierung des Riegel Pick Up kassiert. Der Werbezweck habe zu sehr dominiert. Beschädigt solch eine Platzierung die Glaubwürdigkeit der Sendung? Ich sehe das relativ unkompliziert. Die Zuschauer wissen ganz genau, dass die Marke dauerhafter Sponsor der Sendung ist und dass der Riegel irgendwann auftauchen wird. Ich denke, das Publikum sieht das eher mit einem Augenzwinkern. Wir als Autoren machen auch hierbei das einzig richtige: Ehrlich damit umgehen, am besten mit viel Witz. Die Platzierung nicht zu thematisieren, wäre nicht sinnvoll, weil ohnehin jeder weiß, dass der Keks in der Schatztruhe steckt.
Aus der Autorenperspektive: Wen würden Sie nächstes Jahr gerne im Dschungel sehen? Nach Thorsten Legat frage ich mich tatsächlich, über wen man noch besser Witze machen kann. Infrage käme die komplette CSU-Führungsriege - aber um sich über die lustig zu machen, braucht es kein Dschungelcamp, denen genügt Twitter. Ansonsten: Als großer Fußballfan würde ich mich über Ansgar Brinkmann freuen. Letzten Endes ist der Dschungel aber ein Format, das die Zuschauer mit Kandidaten überrascht, die niemand mehr auf dem Schirm hatte. Deshalb ist der perfekte Dschungelkandidat genau derjenige, der mir jetzt nicht einfallen würde.
Interview: Giuseppe Rondinella