"Medienpolitisches Desaster"

Regionale TV-Werbung bleibt erlaubt / Verlage kritisieren Entscheidung scharf

BDZV-Hauptgeschäftsführer Dietmar Wolff
Bild: Peter Himsel
BDZV-Hauptgeschäftsführer Dietmar Wolff
Die Ministerpräsidenten der Länder haben sich bei ihrer Sitzung am Donnerstag nicht auf ein Verbot von regionaler TV-Werbung einigen können. Offenbar hat Bayern sein Veto gegen eine entsprechende Änderung des Rundfunkstaatsvertrags eingelegt. Für den Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger ein "medienpolitisches Desaster".
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Die Ministerpräsidenten hatten am Donnerstag unter anderem über ein Verbot regionaler Werbung in bundesweit verbreiteten TV-Sendern beraten. Doch anders als erwartet haben die Länderchefs kein Verbot regionaler TV-Spots im nationalen Fernsehen beschlossen. Das Thema wurde vertagt. Nach Informationen des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) hat sich Bayern überraschend gegen ein Verbot ausgesprochen. Dem Vernehmen nach haben die Länderchefs stattdessen über eine Regelung beraten, nach der die einzelnen Länder entscheiden können, ob und unter welchen Umständen sie regionale  TV-Werbung zulassen. Diese soll im 18. Rundfunkänderungsstaatsvertrag verankert werden.

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte regionale TV-Werbung im Dezember für zulässig erklärt. Vor allem die Zeitungsverleger kämpfen gegen regionale Werbespots, weil die befürchten, dass dadurch regionale Kunden ins Fernsehen abwandern.

Der Geschäftsführer des BDZV, Dietmar Wolff, bezeichnete die Entscheidung der Länder in einer ersten Reaktion als ein "medienpolitisches Desaster". Der Werbemarkt werde bereits jetzt unter den TV-Anbietern neu verteilt. "Was nicht heute geregelt wird, kommt zu spät. Damit legt die Politik einmal mehr völlig unnötigerweise die Axt an die wirtschaftlichen Grundlagen der Verlage", so Wolff.

Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Privater Rundfunk (APR), die vorwiegend regionale und lokale Radio- und TV-Anbieter vertritt: "Wir befürchten ein massives Eindringen der beiden privaten TV-Familien in regionale Werbemärkte", so der APR-Vorsitzende Felix Kovac. Angesichts ohnehin nicht wachsender nationaler Umsätze sei gerade der Hörfunk für die Finanzierung seiner Inhalte auf diese Werbeeinnahmen angewiesen.

Der TV-Konzern Pro Sieben Sat 1 begrüßte die Entscheidung der Länderfürsten dagegen: "Wir freuen uns, dass die Ministerpräsidenten nicht vorschnell ein Werbeverbot eingeführt haben und sich intensiv mit dem Thema befassen wollen", teilte Julian Geist, Konzernsprecher & Executive Vice President Public Affairs des TV-Konzerns auf Anfrage mit. "Wir werden in den kommenden Monaten weiter intensiv mit unseren regionalen Gesprächspartnern über wirtschaftliche Modelle nachdenken, die für alle Beteiligten zukunftsfähig sind. Die deutsche Medienwirtschaft muss gemeinsam unternehmerische Lösungen entwicklen, statt sich regulatorische Knüppel zwischen die Beine zu werfen."

Der TV-Konzern hat in dieser Woche mit den Kabelnetzbetreibern Kabel Deutschland und Unitymedia bereits Distributionspartnerschaften geschlossen, die die Ausspielung von regionalen TV-Spots in den Kabelnetzen der beiden Anbieter ermöglicht. dh
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