"Journalistische Haltung des Spiegel wird sich nicht verändern"

Wolfgang Büchner wendet sich an die Leser

Wolfgang Büchner adressiert im neuen "Spiegel" die Leser
Wolfgang Büchner adressiert im neuen "Spiegel" die Leser
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Der "Spiegel" trägt die Auseinandersetzung um die Berufung von "Bild"-Mann Nikolaus Blome in die gedruckte Ausgabe: In dem Heft vom heutigen Montag wendet sich Chefredakteur Wolfgang Büchner in einem offenen Brief direkt an die Leser und erklärt die Personalie. Zugleich kommen die Leser selbst zu Wort: Neben dem Büchner-Brief sind fünf äußerst kritische Leserbriefe abgedruckt.

Büchners Brief im Wortlaut

"Liebe Leserinnen, liebe Leser,

vielen Dank für Ihre offenen Worte zur Berufung von Nikolaus Blome zum neuen Leiter des Spiegel-Hauptstadtbüros, die ein großes Echo hervorgerufen hat.
Ich möchte Ihnen versichern, dass sich die journalistische Haltung des Spiegel nicht ändern wird. Der Spiegel steht den Mächtigen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft kritisch gegenüber. Er deckt Machtmissbrauch und Missmanagement auf. Harte Recherchen und investigative Geschichten sind und bleiben unser Markenzeichen.
Nikolaus Blome ist ein hervorragender politischer Journalist, der nicht nur für die "Bild"-Zeitung, sondern auch für die "Welt" und den "Tagesspiegel" geschrieben hat. Seine Arbeiten wurden mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Herbert-Quandt-Medienpreis und dem Theodor-Wolff-Preis.
Ich würde mich freuen, wenn Sie auch in Zukunft den Spiegel lesen und der Redaktion Ihre Meinung zu unserer politischen Berichterstattung aus Berlin mitteilen

Ihr
Wolfgang Büchner
Chefredakteur"

Wolfgang Büchner hat sich mit der Personalie Blome durchgesetzt - geglättet sind die Wogen allerdings noch lange nicht. Davon zeugt auch, dass der frisch angetretene Chefredakteur in der ersten von ihm verantworteten Ausgabe persönlich in Erscheinung tritt, um den Lesern die Personalie Blome zu erklären. "Ich möchte Ihnen versichern, dass sich die journalistische Haltung des Spiegel nicht ändern wird", schreibt Büchner in dem offenen Brief, der heute bei den Leserbriefen abgedruckt wurde. "Der Spiegel steht den Mächtigen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft kritisch gegenüber. Er deckt Machtmissbrauch und Missmanagement auf. Harte Recherchen und investigative Geschichten sind und bleiben unser Markenzeichen", so Büchner weiter.

Mit Blome komme ein "hervorragender politischer Journalist" in die Redaktion, "der nicht nur für die 'Bild'-Zeitung, sondern auch für die 'Welt' und den 'Tagesspiegel' geschrieben hat. Seine Arbeiten wurden mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Herbert-Quandt-Medienpreis und dem Theodor-Wolff-Preis." Blome soll sein Amt zum 1. Dezember antreten. Er wird allerdings nicht wie zunächst geplant stellvertretender Chefredakteur, sondern "nur" Mitglied der Chefredaktion. Außerdem wird er das Hauptstadtbüro von "Spiegel" und Spiegel Online leiten.

Die Auswirkungen der Personlie auf die "Spiegel-DNA" beschäftigte in den vergangenen Wochen nicht nur die Belegschaft, auch die Leser machten sich so ihre Gedanken, wie an den nun veröffentlichten Leserbriefen deutlich wird: "Sollte ich feststellen, dass die Qualität des Spiegel aufgrund von Herrn Blome abnimmt, sehe ich mich leider gezwungen, mein Abo zu kündigen. Bitte stellen Sie diesen Mann nicht ein!", lautet eine der Wortmeldungen. Drei weitere Leser äußern sich ähnlich ("Erst schreibt der Spiegel über die 'Brandstifter' bei der 'Bild', und jetzt holt der Verlag selbst einen Kopf der 'Bild'-Gruppe! Wie passt das zusammen?"), während ein anderer gerne einen Schlussstrich gezogen sehen würde: "Schluss mit dem Streit! Auf an die Arbeit!"

Und tatsächlich ist an der Ericusspitze derzeit offenbar einiges im Gange: Büchner ist laut Kai-Hinrich Renner etwa dafür, den Erstverkaufstag des "Spiegel" auf den Samstag vorzuverlegen. Außerdem soll er über ein Online-Bezahlmodell nachdenken, bei dem die Print-Geschichten bis zum Erscheinen des neuen Hefts laufend aktualisiert werden. ire
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