Schöner Erfolg für die Verlegerin Katarzyna Mol-Wolf: Mit Wirkung zum 1. April übernimmt Inspiring Network die Anzeigenvermarktung für den Res Publica Verlag, in dem die Monatstitel Cicero und Monopol erscheinen.
Mol-Wolf ist seit 2009, als sie in einem Management Buy Out die Zeitschrift Emotion von Gruner + Jahr übernahm, als selbstständige Unternehmerin unterwegs. Zu ihrem Verlag Inspiring Network gehören außerdem die Titel Hohe Luft sowie Psychologie bringt dich weiter. Zudem vermarkten die Hamburger das Wirtschaftsmagazin Impulse.
Der Wechsel von Res Publica von IQ Media (Verlagsgruppe Handelsblatt) zu Inspiring Network ist auch branchenpolitisch bemerkenswert. Tatsächlich wird in der Verlagsbranche ja seit Monaten über die Notwendigkeit diskutiert, zu größeren Vermarktungs-Allianzen zusammenzufinden. Lange galt vor allem Burda-Vorstand Philipp Welte als vehementester Fürsprecher einer solchen Entwicklung, zuletzt richteten sich die Augen aber vor allem auf die Funke-Verlegerin Julia Becker. Ob die Verlage sich in diesem Jahr tatsächlich zusammenraufen können, gilt freilich als völlig ungewiss. Eine mögliche Allianz wäre aber sicher ein Schulterschluss von Bauer, Burda und Funke.
Spitz positionierte kleinere Magazine gehen bei einem großen Vermarkter sehr schnell unter
Katarzyna Mol-Wolf
Mol-Wolf setzt in dieser Diskussion nun einen klaren Kontrapunkt und sagt: "Spitz positionierte kleinere Magazine gehen bei einem großen Vermarkter sehr schnell unter. Als ich mich 2009 selbstständig gemacht habe, war mir daher völlig klar, dass ich mich auch in der Vermarktung unabhängig aufstellen will. Und zwar mit einem Team, das die eigenen Marken nicht nur versteht, sondern von ihnen auch begeistert ist. Das ist ein anderer Ansatz als in einer Organisation mit 180 Mitarbeitern einen ganzen Bauchladen an Titeln zu vermarkten."
Im Interview mit HORIZONT Online nimmt Mol-Wolf auch Stellung zu branchenpolitischen Themen und gibt den Großverlagen eine Mitschuld an dem Niedergang von Print im Werbemarkt: "Als ich mich 2009 mit Emotion selbstständig gemacht habe, wollte in den großen Verlagshäusern doch keiner mehr etwas von Print hören! Alle wollten plötzlich nur noch digital sein. Wenn man dann gleichzeitig Print vernachlässigt, muss man sich über die Rückgänge nicht wundern." Die Verlagsbranche stehe jetzt vor der "gemeinsamen Aufgabe, den Markt von Print noch einmal neu zu überzeugen."
Bemerkenswert ist auch wie begeistert sich Mol-Wolf in dem Interview über die neue Funke-Verlegerin Julia Becker äußert. Erst vor wenigen Tagen war auf Turi 2 ein Video-Interview erschienen, das deutlich machte, wie gut die beiden sich offensichtlich verstehen. Mol-Wolf: "Ich halte Julia Becker für eine wunderbare und tolle Verlegerin. Wie sie gerade dabei ist, Funke weiter nach vorne zu bringen, beeindruckt mich sehr."
"Alle wollten plötzlich nur noch digital sein"
Frau Mol-Wolf, Cicero und Monopol werden künftig von Inspiring Network vermarktet. Wie kam kam es zu diesem überraschenden Deal?
Ich kenne Christoph Schwennicke schon lange, es gab auch immer wieder Kontakte, aber irgendwie haben die Umstände dann doch nie richtig gepasst. Umso mehr freue ich mich, dass wir jetzt ab April Cicero und Monopol vermarkten. Unsere beiden Häuser haben ja eine ähnliche Geschichte: Wir waren beide Teil eines großen Verlags, bevor wir uns mit einem Management Buy-Out selbstständig gemacht haben. Das verbindet. Wir sind auf beiden Seiten überzeugt: Cicero und Monopol sind bei Inspiring Network besser aufgehoben als bei einem Großveranstalter.
Was spricht denn gegen große Vermarkter?
Sie können Marken wie Emotion, Hohe Luft, aber eben auch Impulse, Cicero und Monopol nicht in erster Linie über die Reichweite vermarkten. Das sind alles Titel mit einer ganz besonders involvierter Leserschaft, die auch bereit ist, ein oder zwei Euro mehr für ein Heft auszugeben, weil sie von der Qualität überzeugt sind. Ich habe mit Emotion bei Gruner + Jahr ja selbst erlebt, wie es bei einem großen Vermarkter läuft: Im ersten Jahr findet der Außendienst es toll, einen neuen Titel präsentieren zu können, aber danach wird es sehr schnell kompliziert. Spitz positionierte kleinere Magazine gehen bei einem großen Vermarkter einfach sehr schnell unter. Als ich mich 2009 selbstständig gemacht habe, war mir daher völlig klar, dass ich mich auch in der Vermarktung unabhängig aufstellen will. Und zwar mit einem Team, das die eigenen Marken nicht nur versteht, sondern von ihnen auch begeistert ist. Das ist ein anderer Ansatz als in einer Organisation mit 180 Mitarbeitern einen ganzen Bauchladen an Titeln zu vermarkten.
Was bringt die neue Aufstellung für die Anzeigenkunden?
Mit der Kombi aus Cicero, Monopol, Impulse und Hohe Luft haben wir eine tolle und sehr hochwertige Männer-Zielgruppe, die in dieser Form in Deutschland ziemlich einzigartig ist. Das sind Leser, die sich besonders lange und intensiv mit den Titeln auseinandersetzen, die sich für Kunst, Politik, Wirtschaft und Philosophie interessieren. Dieses hohe Involvement eröffnet den Werbekunden hervorragende Möglichkeiten in der Kommunikation.
Ist es wirklich realistisch, bei Cicero und Monopol höhere Vermarktungsumsätze erzielen zu können als IQ Media?
Das ist natürlich immer das Ziel bei einem Vermarkter-Wechsel. Und ich bin auch sehr überzeugt, dass wir das hinbekommen.
Das Problem ist: Kleine Vermarkter bekommen kaum noch Termine bei Werbungtreibenden und Mediaagenturen. Ganz ehrlich: Wir hatten noch nie Probleme, Termine bei Agenturen und Kunden zu bekommen. Denn wir haben eine klare Vision und glauben an die Relevanz unserer Magazine. Und auf Relevanz kommt es an. Darüber hinaus besteht die große Chance für Verlage heute darin, sich als Dienstleister zu begreifen. Inspiring Network bietet seit Beginn neben klassischen Anzeigen auch viele Konzepte, digitale Ideen, Events und Corporate Publishing. Das wissen Mediaagenturen und Kunden sehr wohl zu schätzen.
Im Versuch, sich gegenseitig auszustechen, haben sich Burda, Gruner + Jahr und Co sich bei großen Werbekunden auf Konditionen eingelassen, die zum Teil wirklich unglaublich sind.
Katarzyna Mol-Wolf
Emotion hat ziemlich zu kämpfen - die Auflage war zuletzt stark rückläufig.
Wir sind in einem fallenden Markt unterwegs, klar, das bekommt auch Emotion zu spüren. Anders als Gruner +Jahr bei Barbara können wir auch nicht mal eben viel Geld in Fernsehwerbung investieren, damit die Auflage nicht weiter abrutscht. Wir entwickeln Emotion aber kontinuierlich sowohl in Print als auch digital, weiter. Mein Ehrgeiz ist: Ich will beweisen, dass man auch in einem rückläufigen Markt zulegen kann! Wir setzen sehr stark auf das Thema Gleichberechtigung, das ist uns ein echtes Herzensanliegen. Immer mehr Frauen merken, dass wir ein besonderer Verlag sind und das, worüber wir schreiben, auch selber leben. Das gibt mir eine große Zuversicht für die kommenden Monate. Auch in der Vermarktung spüren wir Rückenwind - aktuell liegen wir bei den Umsätzen 12 Prozent über Vorjahr.
Angenommen, Ihre Rechnung in der Vermarktung geht nicht auf - ist es dann für Sie eine Option, doch noch zu einem großen Vermarkter wie Burdas BCN zu wechseln?
Auf keinen Fall! Es gibt einfach zwei fundamental unterschiedliche Herangehensweisen: die eine geht über Masse und Reichweite, die andere über ein klares Profil und die Positionierung von Titeln als eigenständige Marken. Wir werden immer den zweiten Weg gehen.
Philipp Welte von Burda, mit dem Sie kürzlich gemeinsam an einer Podiumsdiskussion teilnahmen, fordert seit Jahren vehement größere Verlags-Allianzen in der Vermarktung. Liegt er aus Ihrer Sicht falsch?
Nein, gar nicht - nur hätten die großen Verlage das schon viel früher machen müssen. Stattdessen hat man sich über Jahre das Geschäft gegenseitig kaputt gemacht. Im Versuch, sich gegenseitig auszustechen, haben sich Burda, Gruner + Jahr und Co sich bei großen Werbekunden auf Konditionen eingelassen, die zum Teil wirklich unglaublich sind. Klüger wäre es gewesen, dem Markt klar zu machen, dass man an Print einfach nicht vorbeikommt, wenn es um den Aufbau von Marken geht. Da hat sich viel in die völlig falsche Richtung entwickelt. Insofern halte ich das Plädoyer von Philipp Welte für weitere Zusammenschlüsse unter den großen Vermarktern schon für absolut richtig und notwendig.
Wie sehen Sie generell die Rolle von Print? Da geht es ja seit Jahren mit deprimierender Vorhersehbarkeit bergab.
Ja, und warum ist das so? Als ich mich 2009 mit Emotion selbstständig gemacht habe, wollte in den großen Verlagshäusern doch keiner mehr etwas von Print hören! Alle wollten plötzlich nur noch digital sein. Wenn man dann gleichzeitig Print vernachlässigt, muss man sich über die Rückgänge nicht wundern. Es wird Jahre dauern, diesen Trend wieder zu drehen und Mediaagenturen und Werbekunden neu von den Stärken von Print zu begeistern. Dabei liegen die doch auf der Hand. Es gibt eine Fülle von Studien, die belegen, wie intensiv Print rezipiert wird, was dann natürlich auch einen Effekt auf die Werbewirksamkeit hat. Und es ist doch auch bemerkenswert, wie viele Menschen nach wie vor für Printmagazine Geld ausgeben. Nur müssen die dann auch journalistisch wirklich toll sein.
Und Digital?
Ist natürlich unglaublich wichtig. Man darf über die berechtigte Begeisterung für Digital nur nicht die besonderen Stärken von Print aus den Augen verlieren. Natürlich muss man heute beides machen, Print und Digital. Diese Crossmedialität macht ja auch unglaublich Spaß.
Sehen Sie aktuell ein Umdenken in der Branche? Wir haben alle gemeinsam die Aufgabe, den Markt von Print noch einmal neu zu überzeugen. Auf wen ich sehr stark setze, ist Julia Becker, die ich für eine wunderbare und tolle Verlegerin halte. Wie sie gerade dabei ist, Funke weiter nach vorne zu bringen, beeindruckt mich sehr. Es geht in unserem Geschäft immer auch um Geld, wirtschaftlicher Erfolg ist die Voraussetzung für journalistische Unabhängigkeit. Aber noch mehr geht es eben darum, dass wir uns unserer Verantwortung bewusst sind. Medien spielen in einer Gesellschaft eine essentiell wichtige Rolle. Dessen sollten wir uns immer bewusst sein.