Helmut Heinen zum BDZV-Umbau

"Das reicht dann mal"

BDZV-Präsident Helmut Heinen
BDZV
BDZV-Präsident Helmut Heinen
Im Gespräch mit HORIZONT kündigt BDZV-Präsident Helmut Heinen an, nicht für eine weitere Amtszeit zur Verfügung zu stehen, und erläutert mit seinem Vize Richard Rebmann Überlegungen, die Struktur des Verbands grundlegend umzubauen.
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Herr Heinen, Herr Rebmann, der Bundesverband der Deutschen Zeitungsverleger hat sich selbst ein durchgreifendes Reformprogramm verordnet. Was wird den künftigen BDZV vom bisherigen unterscheiden?

Heinen: Wir haben vor anderthalb Jahren eine Reihe unserer Mitglieder nach ihren Erwartungen an den Verband befragt. Mit dem Ergebnis, dass die Mitglieder keine strategische Neuausrichtung des Verbandes forderten, aber eine Verbesserung unserer operativen Arbeit. Konkret: Der Verband soll in der Medienpolitik besser werden. Und in der Kommunikation nach innen und außen. Und er soll neue Initiativen im Gattungsmarketing für die Zeitungen entwickeln – ein Thema, bei dem wir in der Vergangenheit gegenüber anderen Mediengattungen zurückgefallen sind.

Welche Maßnahmen sind erforderlich, um diesen Anforderungen gerecht zu werden?

Heinen: Wir haben diese Frage gemeinsam mit der Beratungsgesellschaft Schickler untersucht. Drei Maßnahmen sind  identifiziert worden: Eine stärkere Professionalisierung unserer operativen Arbeit, die Stärkung der Bundesgeschäftsstelle in Berlin, und zwar die Stärkung ihrer Rolle und ihrer Ressourcen, und drittens die Beschleunigung unserer Entscheidungsprozesse. Dazu sollen unsere Gremien neu konfiguriert werden.

Bisher haben Sie den Präsidenten und vier Vizepräsidenten, die zusammen das Präsidium bilden, außerdem ein Erweitertes Präsidium, in dem alle elf Landesverbände vertreten sind, und die Delegiertenversammlung.

Rebmann: Richtig. Künftig soll es den Präsidenten geben und ein Präsidium, das eher dem bisherigen Erweiterten Präsidium entspricht, sogar noch etwas größer ist. Und die Delegiertenversammlung, aber die  soll nur noch Grundlegendes beschließen, also das Budget, Satzungsänderungen, und natürlich soll sie den Präsidenten wählen. Das entscheidende Gremium wird das neue Präsidium sein, das eng mit der hauptamtlichen Geschäftsstelle zusammenarbeiten soll.


Im BDZV ist der Konflikt zwischen den großen und den kleineren Verlagen gewissermaßen naturgegeben. Wer soll letztendlich das Sagen haben?

Heinen: Da gibt es keinen natürlichen Konflikt. Gleichwohl soll Befürchtungen solcher Art von vornherein begegnet werden. Das Präsidium wird nach dem bisherigen Stand 21 Mitglieder haben. Neun davon sind Vertreter von Medienhäusern, die in mehreren Ländern aktiv sind. Ihnen wollen wir die Option eröffnen, ihr Stimmrecht direkt im BDZV auszuüben, nicht nur über die Landesverbände. Dazu kommen die elf Vertreter aus den Ländern und der Präsident.

Wieso gerade neun?

Heinen: Das hat keinen besonderen Grund. Außer den, dass es aktuell neun Verlage gibt, die länderübergreifend tätig sind und mehr als 300.000 Exemplare täglich verkaufen. Das ist das zweite Kriterium für die direkte Repräsentanz in unserem Präsidium.

Helmut Heinen
Der 60-jährige Mathematiker ist seit 2000 Präsident des BDZV. Davor war er bereits zehn Jahre lang stellvertretender Präsident. Der Verleger der "Kölnischen Rundschau" ist zugleich Mitbesitzer der "Berliner Zeitung".
Wofür brauchen die Verleger dann überhaupt noch Landesverbände?

Heinen: Unsere Agenda mischt sich überhaupt nicht in die Angelegenheiten der Landesverbände ein. Die entscheiden selbst, ob sie sich hauptamtlich organisieren oder auf das Ehrenamt setzen, ob sie kleine Verbände fusionieren oder nicht. Uns geht es darum, die großen Verlagsgruppen enger in die Verbandsarbeit einzubinden. Ein Verleger Karl Hans Arnold aus Düsseldorf oder ein Geschäftsführer Thomas Düffert aus Hannover, um nur zwei Beispiele zu nennen, sollten die Möglichkeit haben, direkt in unserem Spitzengremium dabei zu sein.

Ausgangspunkt der Reform war eine Marketingkampagne für die Zeitungen, die Sie wollten, für die es aber letztlich keine Mehrheit gab. Und die Kritik, dass Sie den Mindestlohn, der die Branche schwer belastet, nicht verhindern konnten.

Rebmann: Mit dem Mindestlohn hat das gar nichts zu tun, das Thema kam erst später. Unzufriedenheit gab es in der Tat, wie das Thema Gattungskampagne gelaufen ist. Aber auch das ist nicht der entscheidende Auslöser für den Reformprozess. Wir haben festgestellt, dass die konkrete Verbandsarbeit bei unseren Mitgliedern zu wenig angekommen ist, vor allem bei denen, die über die Mitgliedschaft entscheiden. Je größer ein Haus ist, desto mehr Kritik gab es. An dieser Stelle setzen wir jetzt an.
Je größer ein Haus ist, desto mehr Kritik gab es.
Richard Rebmann
Es gibt große Mitglieder, die daran zweifeln, ob sie den Verband brauchen. Und es gibt kleine, die sich vorstellen können, zum Verband der Lokalpresse zu wechseln. Wovor fürchten Sie sich mehr?

Rebmann: Fürchten ist der falsche Begriff. Es gibt auch von niemandem Drohungen, aus dem Verband auszutreten. Im Gegenteil, alle wollen einen starken Verband. Aber es gibt Erwartungshaltungen, denen wir uns stellen müssen.

Natürlich geht es auch ums Geld. Herr Heinen, es gibt Verlage, die sind mit einzelnen Titeln im Verband und zahlen entsprechend der Auflage Beiträge, mit anderen eben nicht. Die Berliner Zeitung, deren Mitverleger Sie sind, gehört auch zu letzteren.

Heinen:Ja, aber ich halte am Berliner Verlag 35 Prozent, nicht 51. Aber Sie haben schon Recht. Es gibt die Erwartungshaltung derjenigen, die mit allen Titeln dem Verband angehören und entsprechend hohe Beiträge zahlen...


...wie zum Beispiel Madsack.

Rebmann: Zum Beispiel, aber für uns in der SWMH gilt das auch. Es gibt die Erwartungshaltung, dass jemand, der am Tisch des Präsidiums sitzt, auch entsprechend seiner Gesamtauflage Beiträge bezahlt.

Heinen: Wir überlegen, wie wir unseren Mitgliedern die Entscheidung für den Verband leichter machen können. Es gibt bisher eine sogenannte Kappungsgrenze. Wer mehr als 600 000 Auflage hat, muss dafür keine Beiträge mehr bezahlen.


Das betrifft nur Springer und die "Bild"-Zeitung.

Heinen:
Ja, aber wir könnten den Mechanismus ändern, zum Beispiel ab 300 000 die Beitragskurve abflachen.

Ihr Hauptgeschäftsführer Dietmar Wolff soll den Reformprozess begleiten, hieß es kürzlich in einer Pressemitteilung. Gleichzeitig sucht eine Findungskommission den neuen Mann an der Spitze.

Heinen: Wir wollen neben Herrn Wolff, der eine hervorragende Expertise in der Medienpolitik hat, die Außendarstellung der Branche stärken. Es ist ja in der Tat so, dass wir heute größere Schwierigkeiten haben als, sagen wir vor 25 Jahren, unsere Themen bei den wichtigen Stakeholdern zu vermitteln, sei es bei der Politik oder bei der Werbewirtschaft. Die Mitglieder lasten das zum Teil dem Verband an. Aber sie sind jetzt bereit, uns mehr Mittel an die Hand zu geben. Auch die repräsentativen Aufgaben wollen wir künftig stärker professionalisieren. Das geht nicht mehr alles im Ehrenamt.


Wird es einen neuen Anlauf für eine groß angelegte Marketingkampagne für die Zeitung geben?

Heinen: Das Thema Kampagne ist zu eng. Es geht um einen breiteren Ansatz. Zum Beispiel darum, die Aktivitäten der Zeitungs-Marketinggesellschaft ZMG und des BDZV eng zu verzahnen. Die ZMG hat einen Etat für das Gattungsmarketing. Daraus können wir gemeinsam mehr machen.

Wie viel Überzeugungsarbeit ist noch erforderlich, um Ihre Pläne in die Tat umzusetzen?

Rebmann: Es gibt sehr viel Zustimmung im Grundsatz und noch Kritik und Anregungen im Detail. Aber alle sehen doch die vielen Themen, für die ein starker Verband nötig ist: die "Tagesschau-App", Google, das Kartellrecht. Ich bin zuversichtlich, dass wir die neue Satzung mit breiter Mehrheit verabschieden.

Richard Rebmann
Der 57-Jährige Jurist ist Verleger des "Schwarzwälder Boten", den er 2008 mit der Südwestdeutschen Medienholding zusammenführte. Der Geschäftsführer der Medienholding Süd ist stellvertretender Präsident des BDZV und leitet dort die Arbeitsgruppe zur strategischen Weiterentwicklung
Wann?

Rebmann: Wir wollen das im Frühjahr 2016 schaffen.

Heinen: Im Mai werden Präsidium und Präsident neu gewählt. Das ist ein entscheidender Zeitpunkt.

Aber der Präsident wird wieder Heinen heißen, oder?

Heinen: Eher nicht. Aber das hat nichts mit der Reform zu tun. Ich bin seit 16 Jahren im Amt, und ich bin gerade 60 geworden. Auch wenn ich mich überhaupt nicht alt fühle: Das reicht dann mal.
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