Für
Interactive Media ist der Verlust des Geschäftsführers ein herber Schlag. Missler gilt als der strategische Kopf des Unternehmens, der dem Vermarkter in den vergangenen drei Jahren einen strammen Modernisierungskurs verordnet hatte. Dazu gehörte die
Übernahme des Retargeting-Spezialisten Xplosion im vergangenen Jahr und eine starke Ausrichtung auf Real Time Adveristing (RTA). Wohin es ihn zieht, verrät Missler nicht von Gerüchten, wonach er zu
Amazon wechselt, will er nichts wissen. Sicher ist, dass er seinen neuen Job im Dezember antritt.
Philip Missler: Global wird man Google niemals Konkurrenz machen können, das ist völlig klar. Ich bin aber überzeugt, dass im deutschen Markt neben Google Platz ist für starke lokale Player.
Wie geht es bei Interactive Media nun weiter? Einen echten Nachfolger für Missler wird es nicht geben. Formal übernimmt am 15. August der bisherige Aufsichtsratschef
Matthias Schmidt-Pfitzner das Kommando. Operativ wird sich der neue Geschäftführer aber nur eingeschränkt um die Geschäfte kümmern können: Schmidt-Pfitzner bleibt Senior Vice President Digital Media bei der Deutschen Telekom und wird weiter die digitalen Medienprodukte des Konzerns verantworten. Dazu gehören das Portal
T-Online und der E-Reader
Tolino.
Operativ in der Pflicht steht künftig eine vierköpfige Geschäftsleitung. Das Führungsgremium rekrutiert sich ausnahmslos aus Managern, die bereits länger bei Interactive Media an Bord sind:
Oliver Wolde (Vertrieb und Vermarktungspartnerschaften),
Daniel Neuhaus (Xplosion und Marketing),
Thorstern Lottici (Finanzen) und
Matthias Hoff (Human Ressources und Clienbt Service).
Kurz vor seinem Abschied äußert sich Missler gegenüber HORIZONT.NET noch einmal zur aktuellen Situation der Onlinevermarktung in Deutschland. Philipp Missler über:
den Grund seines Wechsels: Die Wahrheit ist ganz simpel: Es hat sich für mich eine neue berufliche Gelegenheit ergeben, die extrem gut zu mir passt. Mir ist die Entscheidung, IM zu verlassen, sehr schwer gefallen aber mein neuer Job ist eine so große und faszinierende Herausforderung, dass ich das einfach machen muss.
die Rolle von Google und Co: Der deutsche Markt hat lange die Augen vor der Realität verschlossen und sich der Illusion hingegeben, den Premium-Display-Bereich sicher zu haben. Die Einstellung war: Die Googles dieser Welt konzentrieren sich auf den Performance-Bereich, und der interessiert uns ohnehin nicht besonders, das ist nur Kleingeld. Ich habe schon vor Jahren gesagt: Dabei bleibt es nicht. Genauso ist es in den vergangenen beiden Jahren dann auch gekommen. Google will an die Branding-Budgets heran und holt sich dafür ganz konsequent die richtigen Leute.
Das Wachstum im deutschen Online-Werbemarkt wird heute stärker von Global Playern als von lokalen Vermarktern getrieben. Die IM hat sich rechtzeitig und konsequent dafür aufgestellt, in diesem neuen Wettbewerb zu bestehen und wird zu den Gewinnern gehören.
notwendige Kooperationen im deutschen Markt: Gerade beim Thema Daten muss der deutsche Markt sich zusammenraufen und größere Allianzen bilden, um den Global Playern etwas entgegensetzen zu können. Wir brauchen eine eigene Daten-Plattform, die von einer größeren Allianz getragen wird. Global wird man Google niemals Konkurrenz machen können, das ist völlig klar. Ich bin aber überzeugt, dass im deutschen Markt neben Google Platz ist für starke lokale Player.
die Rolle von IM bei möglichen Allianzen und neuen Ansätzen: Interactive Media wird diese Bewegung anführen, wir sind die Speerspitze bei Thema Innovation. Das Unternehmen wird auch in den nächsten Jahren eine herausragende Rolle spielen, in welcher Konstellation auch immer.
die aktuell wichtigsten Trends im Online-Marketing: Punkt 1: Alles, was standardisierbar ist, wird sehr stark von Technologie, Daten und gutem Inventar getrieben. Das große Thema ist: Wie kommen wir in einer fragmentierten Multi-Device-Welt zu einer guten Datenqualität?
Punkt 2: Wir kommen aus einer Phase, in der die Mediaagenturen tonangebend waren im Zentrum der Diskussionen standen Media-Optimierung und Media-Effizienz. Viele große Werbungtreibende merken inzwischen, dass das alleine nicht hilft. Worum es zukünftig sehr viel stärker gehen wird, ist, auch digital die richtigen Markenstorys zu erzählen, es geht um Storytelling. Ich bin überzeugt: Unser Markt wird wieder stärker Marketing- als Mediaorientiert getrieben werden. Dieser Strategieschwenk ist überfällig.
die aktuelle Situation bei IM: Wir wachsen in diesem Jahr im Display-Geschäft stärker als der Markt, wobei das Wachstum vor allem aus dem Drittgeschäft kommt. Wir sind nicht nur Marktführer was Größe, Reichweite und Umsatz betrifft, sondern sicherlich auch das innovativste Haus in unserer Branche.