Verleger Dieter von Holtzbrinck hatte Steingart nach einem Streit über das Tempo und die Höhe zukünftiger Investitionen als Vorsitzenden der HMG-Geschäftsführung im Februar abgesetzt. Es folgten wilde Spekulationen über vermeintlich schlechte Zahlen, weitere Abgänge, einen Verlagsumbau, Einschnitte und Sparkurse.
Das neue alte Führungsteam zeigt dagegen Kontinuität: Es kommt keine neue Lichtgestalt von außen, die für Kurswechsel stehen könnte. Stattdessen setzt die HMG auf die Kooperation ihrer drei verbliebenen Geschäftsführer. Und die halbe Schulterklappe mehr erhält kein Finanzer – was man als Sparkurs-Signal hätte lesen können –, sondern Marken-, Produkt- und Vermarktungschef
Frank Dopheide, 54. Er wird Sprecher der ansonsten gleichberechtigten Geschäftsführung (Steingart hatte als Vorsitzender des Gremiums und 5-Prozent-Gesellschafter eine ganze Schulterklappe mehr) und übernimmt zusätzlich die Verantwortung für die Redaktionen, die Veranstaltungstochter Euroforum ("Live Journalismus") sowie für die Kommunikation.
Finanzchef
Ingo Rieper, 50, führt künftig außerdem den Content Marketing-Anbieter Planet C, das Research Institute und die Fachmedien. Digital-Geschäftsführer
Gerrit Schumann, 44, verantwortet nun zusätzlich Vertrieb und Marketing. Zudem will die HMG die Redaktionen auch nach dem Abgang Steingarts – der Journalist war zugleich Handelsblatt-Herausgeber – an Verlagsentscheidungen beteiligen. Dazu soll es ein "Insight Board" mit Wirtschaftswoche-Herausgeberin
Miriam Meckel sowie den Chefredakteuren
Sven Afhüppe (Handelsblatt) und
Beat Balzli (Wiwo) geben, mit regelmäßigen Sitzungen mit der Geschäftsführung.
Am Mittag hat die HMG auch per Pressemitteilung die Entscheidung von Holtzbrincks verkündet. Man verstehe sie als „
Vertrauensbeweis an das Team und als Ansporn für die Zukunft“, sagt Dopheide. So werde man die HMG „zur zentralen Plattform für die Wirtschafts- und Finanz-Community ausbauen, die auch international Gehör findet“.
Dass kein neuer Kopf von außen kommt, erspart von Holtzbrinck ein fünftes üppiges Chef-Gehalt, schließlich steht dem Vernehmen nach auch Steingart noch drei Jahre unter Vertrag. Er ist lediglich freigestellt. Falls Steingart vor 2021 einen neuen Job übernehmen oder ein eigenes Medienprojekt starten wollte, müsste er sich mit von Holtzbrinck über eine vorzeitige
Vertragsauflösung einigen – was dieser mit Blick auf die dann mögliche Gehaltsersparnis wohl auch gerne tun würde (schließlich hat die HMG gerade erst
über 100 neue Stellen ausgeschrieben). Auch seine 5 Prozent am Verlag hält Steingart noch; die Rechtsexperten beider Seiten verhandeln nach wie vor über den Rückkaufswert. Ebenso ist noch keine Einigung über die Zukunft von Steingarts
morgendlichem Newsletter getroffen.
rp