Hans-Jürgen Jakobs gibt die Chefredakteur des "Handelsblatts" ab
Raus aus der täglichen Produktionsmühle, mehr Zeit zum konzeptionellen Arbeiten, zum Nachdenken, Recherchieren, Schreiben – diesen heimlichen Traum vieler Zeitungsleute erfüllt sich bald Hans-Jürgen Jakobs,
seit Anfang 2013 Chefredakteur des "Handelsblatt", seit diesem Januar in einer
Doppelspitze mit Sven Afhüppe. Ende des Jahres gibt Jakobs, 58, seinen Chefposten in Düsseldorf auf; Afhüppe wird dann alleiniger Chefredakteur.
Jakobs zieht es aufgrund seiner "familiären Situation" zurück nach München, sagt er selbst. Dort wirkte er zuvor elf Jahre lang bei der "Süddeutschen Zeitung", als Leiter des Wirtschaftsressorts, zuletzt als Chefredakteur der Onlinesite. Doch Jakobs bleibt dem "Handelsblatt" erhalten: Ab dem kommenden Jahr wird er unter dem Titel "Senior Editor" von München aus für die Wirtschaftszeitung berichten und ein Buchprojekt mit dem Thema "Wem gehört die Welt?" leiten.
Das Werk läuft intern unter dem Arbeitstitel "Vermessung des Kapitalismus", soll die globalen wirtschaftlichen Machtverhältnisse offenlegen und mit rund 600 Seiten im Herbst 2016 erscheinen. Jakobs fungiert hier als Herausgeber und Mitautor. Außerdem ist er neues Mitglied im Beirat der
Bildungsinitiative der Dieter von Holtzbrinck Stiftung. Sie wurde 2007 vom Verleger gegründet und setzt sich unter anderem für die flächendeckende Einführung des Schulfaches Wirtschaft an allen Schulen ein.
Für Teile der Redaktion kommt Jakobs' Abtritt nicht überraschend. Schon seit Anfang 2014 kursieren
Spekulationen, er wolle oder solle seinen Posten abgeben. Neue Nahrung erhielten diese Gerüchte im vergangenen Herbst, als Afhüppe zum Co-Chef befördert wurde. Jakobs fremdele mit Düsseldorf, sei amtsmüde, Blattplanung und Führung seien bisweilen erratisch – was man halt so sagt, wenn man glaubt (oder möchte), dass der Chefredakteur geht.
"Handelsblatt"-Herausgeber und Geschäftsführer
Gabor Steingart freut sich, dass Jakobs der Zeitung als "engagierter und meinungsstarker Autor erhalten bleibt" und "wichtige Buch- und Sonderprojekte" realisieren werde. "Er ist und bleibt ein journalistisches Schwergewicht, dessen publizistische Leidenschaft und ökonomische Erfahrung wir nicht missen wollen." Zur Chefredaktion gehören weiterhin die zwei Vize
Thomas Tuma und
Oliver Stock, beide 50.
rp