"Newtopia" im HORIZONT-Check

Kabale und Liebe auf dem Bauernhof

Der Auftakt von "Newtopia" ist geglückt
Sat 1
Der Auftakt von "Newtopia" ist geglückt
Die Realityshow "Newtopia" von Sat 1 dürfte mit dem Casting stehen oder fallen - und in dieser Hinsicht hat die Produktionsfirma hervorragende Arbeit geleistet. Vom Hartz-4-Empfänger über den treuherzigen Bauern bis hin zum profilneurotischen Jungmanager werden in der Show alle Rollenklischees bedient. Die Konstellation ist vielversprechend, der Auftakt geglückt - nun muss der Sender unter Beweis stellen, dass das Konzept die Show ein ganzes Jahr lang trägt.
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Kaum in "Newtopia" angekommen, müssen die neuen Bewohner ihr neues Zuhause auch schon wieder verlassen. Gerade einmal eine halbe Stunde hatten die 15 Teilnehmer Zeit, sich zu beschnuppern und einen Blick in die Scheune zu werfen, in der sie die nächsten 365 Tage leben werden, da sollen sie noch einmal in ihr altes Leben zurückkehren, um innerhalb von 15 Minuten eine Kiste zu packen mit Dingen, die man eben so braucht, um eine neue Welt zu erschaffen.


Teilweise quer durch die Republik werden die Kandidaten also noch einmal nach Hause chauffiert, natürlich in neuen Geländewagen des Hauptsponsors Toyota. Vermutlich hatte die absurde Aktion auch weniger dramaturgische Gründe, sondern diente in erster Linie dazu, Toyota halbwegs sinnvoll in das Format einzubinden. Denn in Newtopia selbst, wo es zum Start nicht einmal Strom und fließend Wasser gibt, sind erst einmal andere Dinge gefragt als schicke Autos.
Das erste Aufeinandertreffen der Kandidaten in "Newtopia"
Sat 1
Das erste Aufeinandertreffen der Kandidaten in "Newtopia"
Zuhause angekommen, schmeißen die Kandidaten hektisch alles zusammen, was man für den Aufbau einer neuen Welt eben so braucht: Toilettenpapier, Zahnbürsten, Schlafsäcke, Decken, Werkzeug. Fitnesstrainer Hans will unbedingt seinen Trainingsanzug und seine Laufschuhe mitnehmen, damit er "gleich loslegen kann", wie er seinen verdutzten Mitstreitern bei der Besprechung verkündet – mit Sport natürlich. Der erste Buhmann steht damit schon nach wenigen Minuten fest.

Einen dramaturgischen Zweck erfüllt das hektische Kistenpacken zu Hause dann eben doch: Die besonders schrägen Kandidaten können bei der Aktion ausführlich vorgestellt werden und auf der Fahrt über ihre Pläne und Vorstellungen sprechen. Das ist zum Beispiel der wohnsitzlose Politologe Candy, der im Auto über Polygamie und seinen bevorzugten Frauentyp (Akademikerinnen) palavert, zu Hause Muttis  Küchenschrank plündert, sich in Newtopia aber erst mal gemütlich auf’s Ohr haut, nachdem Architektin Conny ihm die kalte Schulter gezeigt hat.

Buchhalterin Kerstin lässt Mann und Kinder zu Hause im Befehlston  ihre Siebensachen zusammensuchen und fällt vor allem durch eine große Klappe auf, Hartz4-Empfänger Steffen braucht neben jeder Menge Werkzeug aus der Gartenlaube unbedingt seine Zigarren und Model Diellza sorgt sich in erster Linie um ihre Körperhygiene und fragt sich, ob sie aus Wiesenblumen womöglich eine Hautcreme anrühren kann.

Die erste Folge macht deutlich, wohin die Reise geht: Der Aufbau einer neuen Welt dürfte in dem Format gar nicht im Mittelpunkt stehen - "Newtopia" bietet der Produktion lediglich die konfliktträchtige Bühne für ein aufwändig inszeniertes Theaterstück über Kabale und Liebe. Die Rollen sind klar verteilt: Da gibt es die guten Seelen wie Landwirt Christian und Handwerker Lennert,  ehrgeizige Karrieristen wie Student Lenny und Key Account Manager Derk, Tagträumer Candy und potenzielle Störenfriede und Unruhestifter wie die selbst ernannte Anführerin Kerstin oder Veganerin Karolina.
Die Bewohner von "Newtopia"
Sat 1
Die Bewohner von "Newtopia"
"Newtopia" dürfte mit dem Casting stehen oder fallen – und in dieser Hinsicht hat die Produktionsfirma ganz offensichtlich einen hervorragenden Job gemacht. Der Auftakt war vielversprechend – in den kommenden Wochen und Monaten wird es nun darauf ankommen, ob es der Produktion gelingt, die kleinen und großen Geschichten und Konflikte in Newtopia publikumswirksam einzufangen und aufzubereiten. Dass auch die beste Versuchsanordnung nicht immer zum gewünschten Ergebnis führt, hat die letzte Staffel der RTL-Show "Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!" gezeigt – und die dauerte lediglich zwei  Wochen.

Der Start ist schon einmal geglückt: Die erste Folge erzielte in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen einen hervorragenden Marktanteil von 17,0 Prozent. Sollte sich der Marktanteil im zweistelligen Bereich einpendeln, wäre dies für Sat 1 auf dem heiß umkämpften Sendeplatz um 19 Uhr schon ein durchschlagender Erfolg. Zuletzt lag der Marktanteil von Sat 1 in diesem Slot bei durchschnittlich 6,2 Prozent. dh

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