"Der Spiegel" berichtet in seiner aktuellen Ausgabe über mehrere Engagements von Wallraff für die Burgerkette: So habe der Journalist, der den Fast-Food-Konzern 1985 mit seinem Bestseller "Ganz unten" in eine tiefe Imagekrise gestürzt hatte, 2010 an zwei Gesprächsrunden von McDonald's teilgenommen. Bei einer Veranstaltung, an der auch ein Mitglied der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) teilnahm, ging es um die Arbeitsbedingungen in der Branche, beim zweiten Mal sprach Wallraff über "PR und investigativen Journalismus". Den Kontakt hatte die PR-Agentur
Burson Marsteller eingefädelt. Außerdem habe sich Wallraff für ein Schulungsvideo der Restaurantkette zur Verfügung gestellt, das allerdings nicht verwendet wurde. Die Honorare - insgesamt 13.000 Euro für die beiden Auftritte und das Video - gingen an die Stiftung von Wallraff und eine gekündigte Betriebsrätin.
Wallraff bestätigte die Auftritte gegenüber der Nachrichtenagentur dpa, stellte aber zugleich klar: "Beide Male habe ich mir in meiner grundsätzlichen Kritik an der Fast-Food-Unkultur und auch an McDonald's keine Zurückhaltung auferlegt." Er sehe zudem nichts Verwerfliches daran, "Honorare, die andere in der Regel für sich beanspruchen, an eine wegen ihrer Meinungsäußerung gekündigte Betriebsrätin weitergeleitet zu haben oder für gemeinnützige Stiftungszwecke zu verwenden".
Nun kann man Wallraff wohl kaum vorwerfen, dem Dialog mit einem Unternehmen zugestimmt zu haben, das er selbst einst an den Pranger gestellt hat. Laut "Spiegel" hat der Reporter ein Gespräch mit Burson-Marsteller-Chef
Karl-Heinz Heuser zudem genutzt, um Informationen über den Tod einer Filialleiterin von McDonald's in Japan zu bekommen. Heikler scheinen da schon die Auftritte gegen Honorar. Da er das Geld allerdings nicht in die eigene Tasche gesteckt hat, sondern vollständig gespendet hat, laufen auch diese Vorwürfe ins Leere.
Fragwürdig ist hingegen der Zeitpunkt der Veröffentlichung der Kooperation durch den "Spiegel" Jahre nach den Auftritten - und just zwei Wochen nach der vielbeachteten RTL-Doku über Burger King. Auch ZDF-Chefredakteur
Peter Frey mochte den jüngsten Scoop des Enthüllungsjournalisten nicht so recht würdigen. "Bei aller Anerkennung, was RTL da leistet: Besonders originell sind Themenwahl und Erkenntnisse nicht", sagte Frey in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Die
wegen ihrer Oberflächlichkeit kritisierte Reportage "ZDF Zeit: McDonalds gegen Burger King" verteidigte er dagegen mit den Worten: "Wir sind nicht die Stiftung Warentest".
Die ständige Selbstinszenierung von Wallraff in seinen Reportagen ist sicherlich nicht jedermanns Sache - dass er mit seiner Methode Erfolg hat, steht allerdings außer Frage. Insofern schwingt in der Kritik von "Spiegel" und ZDF an Wallraff sicher auch ein wenig journalistischer Futterneid mit - der aber weder dem Nachrichtenmagazin noch dem öffentlich-rechtlichen Sender gut zu Gesicht steht.
dh