Julia Jäkel
Julia Jäkel appelliert an die soziale Verantwortung der Wirtschaft. Diese müssten ihr Verhältnis zu den großen Internetkonzernen überdenken: "Ich möchte nicht, dass wir uns in einigen Jahren fragen, was aus den kritischen Medien geworden ist. Dafür will ich ein Bewusstsein schaffen", sagt die Vorstandvorsitzende von Gruner + Jahr im Interview mit dem Handelsblatt und schlägt einen Dialog mit der Wirtschaft vor.
In den Gesprächen wolle sie die Konzernchefs an ihre soziale Verantwortung erinnern, die sich auch am Einsatz ihrer Werbegelder zeige. "Die Medienwelt wandelt sich, jeder muss sich entscheiden: Wollen sie Medien unterstützen, die aufwendig recherchieren und für Transparenz und Pluralismus sorgen? Oder kanalisieren sie ihr Werbegeld auf Plattformen, die keine eigenen Inhalte produzieren und sich sehr schwertun zu unterscheiden zwischen Wahr und Falsch", fragt Jäkel.
Die Chefin des Hamburger Großverlags schlägt daher in Ergänzung zu den gängigen Standards für gute Unternehmensführung eine "Corporate Media Responsibilty" vor, mit der sich Unternehmen "für Pressefreiheit, für unabhängige Medien, gegen Fake News oder Ähnliches aussprechen".
Dass davon in erster Linie deutsche Qualitätsmedien wie die überregionalen Tageszeitungen, Der Spiegel, aber auch der Stern von Gruner + Jahr profitieren würden, liegt auf der Hand - Jäkel will den Vorstoß aber nicht als plumpe Anbiederung an große Werbekunden verstanden wissen: "Ein solcher Eigensinn wäre ganz schön durchsichtig." Ihrer Meinung nach drohe "eine Krise der demokratischen Öffentlichkeit", wenn Plattformen wie Facebook zu dominant werden: "In den USA erleben wir bereits eine Verödung regionaler Meinungsvielfalt, verbale Exzesse bis in die seriösen TV-Kanäle hinein, gesellschaftlichen Extremismus und einen Präsidenten, der regelmäßig die klassisch-investigativen Medien diffamiert - von New York Times bis CNN."
Die seit vier Jahren amtierende Vorstandvorsitzende von Gruner + Jahr hat sich in der Vergangenheit immer wieder kritisch mit den großen Internetkonzernen auseinandergesetzt. In einem Gastbeitrag für die FAZ bezeichnete sie Facebook unlängst als "asoziales Netzwerk". Jäkel gilt als eine mögliche Nachfolgerin von Stephan Holthoff-Pförtner als neue Präsidentin des Verlegerverbands VDZ.
dh