Handelsblatt-Chef Gabar Steingart
In seiner Freizeit denkt "Handelsblatt"-Herausgeber Gabor Steingart immer mal wieder an Bundeskanzlerin Angela Merkel. Wie sie morgens in ihrem Büro sitzt und sich über die wichtigsten Themen des Tages informiert. "Eine Zeitung, die nur noch zehn Themen enthält, die so gut sind, wie nirgendwo sonst – daran arbeite ich gerade", verriet Steingart beim Europäischen Zeitungskongress in Wien. Eine Fokussierung werde jedenfalls immer wichtiger.
Damit bestätigte der "Handelsblatt"-Chef die Einschätzung von Zeitungsdesigner Norbert Küpper, nach der die Reduktion auf das Wesentliche einer der wesentlichen Trends innerhalb der europäischen Zeitungsbranche sei. Deshalb werde in Düsseldorf gerade auch an Zeitungsteilen, die komplett ohne Worte auskommen, gearbeitet, so Steingart weiter. "Es ist Zeit, die Dinge endlich anders zu machen und wieder emanzipatorisch zu denken."
Zusammen mit dem Appell hatte der Verlagsmanager recht deutliche Worte für seine Kollegen im Publikum parat. Viele Zeitungen seien noch immer "autoritär, unkomisch und verquatscht: In einer FAZ finden Sie teilweise bis zu 300 Artikel. Das sieht aus wie die Speisekarte in einem chinesischem Restaurant", frotzelte Steingart – ohne sein eigenes Blatt auszunehmen.
FAZ
Nonnenmacher ätzt gegen "Handelsblatt"-Chef Steingart
Günther Nonnenmacher war 20 Jahre Herausgeber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", zum Jahreswechsel hat er sich in den Ruhestand verabschiedet. Mit HORIZONT spricht er über den Zustand der Branche, die Zukunft des Journalismus und die lieben Kollegen. ...
"Wir sind viel zu oft völlig gleichgeschaltet und uns unfassbar ähnlich." Verlage seien Festungen, die Redakteure unnahbar, der Leser "eine große Lästigkeit": "Wir überlegen uns lieber verspielte Überschriften, schreiben Vorspänne, die nichts sagen, stellen belanglose Bilder dazu. Gleichzeitig sind wir das Gegenteil von Konzernen wie Apple, nämlich alles andere als intuitiv." Mit dem "Handelsblatt" versuche Steingart deshalb, konsequent dorthin zu gehen, wo die Themen und die Leser sind, sich zu fokussieren und mit neuen Konzepten wie dem der
multimedialen Reporterzeitung und der 10-Themen-Zeitung die Zielgruppe besser zu erreichen. Und Selbsterkenntnis ist ja bekanntlich der erste Schritt zur Besserung.
kl