Es ist geschafft: Gruner + Jahr verkauft sein US-Druckgeschäft, das im Unternehmen Brown Printing gebündelt ist. Seit Jahren will G+J die Druckerei, deren Wertberichtigungen dem Verlag immer mal wieder den Gewinn verhagelten und die längst nicht mehr zur G+J-Inhaltestrategie passte, loswerden - was allerdings bisher nie bestätigt wurde. Nun hat sich ein Käufer gefunden, der aus Sicht von G+J genügend Geld auf den Tisch legt.
Der börsennotierte US-Druckkonzern
Quad/Graphics übernimmt Brown Printing und die drei Druckereien in Waseca, Woodstock und East-Greenville nach eigenen Angaben für umgerechnet 73 Millionen Euro, wenn die dortigen Kartellbehörden zustimmen. Bei früheren Verkaufsversuchen wollte G+J deutlich höhere Preise erzielen - vergeblich. Allerdings hat der Verlag mit
Brown Printing seitdem "Cash Flows in einer Höhe erwirtschaftet, die zusammengenommen mit dem jetzigen Verkaufserlös in die gleiche Kaufpreisregion führen wie frühere Bewertungen", erklärt ein G+J-Sprecher auf Anfrage. Hinzu kommt, dass
Druckereien stets Investitionen in die Maschinen erfordern; die kann sich G+J nun sparen.
Laut Käufer Quad/Graphics erwartet Brown Printing in diesem Jahr einen
Umsatz von umgerechnet 255 Millionen Euro. Für die vergangenen Jahre nennt G+J keine Einzelerlöse, allerdings kann man sie aus den
G+J-Bilanzen errechnen: Demnach erzielte Brown Printing 2013 einen Umsatz von knapp unter und 2012 von knapp über 300 Millionen Euro.
Brown Printing ist das letzte operative G+J-Geschäft in den USA, nachdem die
Magazine dort bereits 2005 veräußert wurden. Der Druckkonzern wurde 1957 gegründet, 1979 erwarb G+J das Unternehmen. Aktuell werden dort rund 1000 Zeitschriften- und
Katalogtitel für rund 600 Kunden hergestellt. Das US-Unternehmen beschäftigt insgesamt etwa 1850 Mitarbeiter.
Oliver Radtke, Vorstand Operations bei G+J, bezeichnet den Verkauf mit Blick auf die G+J-Unternehmensgeschichte als
"Zäsur". Mit Blick auf die Zukunft und auf die angestrebte Transformation von G+J vom Druck- und Verlagshaus hin zu einem "kreativen Haus der Inhalte" sei der Deal hingegen "ein wichtiger Meilenstein".
Doch was stellt G+J nun an mit den zusätzlichen 73 Millionen Euro? An die Gesellschafter (
Bertelsmann, Jahr-Familie) weiterreichen, die sich
zuletzt mit mageren Gewinnen zufrieden geben mussten? Oder erhöhen die Erlöse den Investitions- und Akquisitionsspielraum - doch in was will G+J, wie seit langem angekündigt,
investieren? Und vor allem: Was akquirieren?
Zur Erinnerung:
"Wir sind bereit, in G+J zu investieren", sagte Bertelsmann-CEO
Thomas Rabe jüngst. Und man sei "sogar bereit, dafür in den nächsten Jahren teilweise auf Gewinne und Dividenden zu verzichten". Rund eine halbe Milliarde Euro - 200 bis 300 Millionen Euro für Investitionen in Technik und
E-Commerce-Zukäufe plus etwa noch einmal so viel für Umbaukosten, vor allem für sozialverträglichen Stellenabbau - lassen sich die Gesellschafter die G+J-Neuerfindung in den kommenden zwei bis vier Jahren kosten. Auch für Zukäufe ist Geld da. Doch außer zwei kleinen mehr (
Delinero) oder weniger (Tausendkind) erfolgreichen Internetshops für Feinkost und Kinderartikel hat G+J bisher nicht viel präsentiert. Daher stellt sich durch den Verkauf von Brown Printing eine Frage lauter: Quo vadis, Gruner + Jahr?
rp