Flüchtlingskrise

Claus Kleber und Kai Gniffke plädieren für konstruktive Berichterstattung

Wollen auch Lösungen und positive Beispiele zeigen: Claus Kleber und Kai Gniffke
ZDF/ARD
Wollen auch Lösungen und positive Beispiele zeigen: Claus Kleber und Kai Gniffke
Die Berichterstattung über die steigende Zahl der Flüchtlinge wirft für Journalisten auch Gewissensfragen auf. Verstärkt die intensive Medienpräsenz des Flüchtlingsstroms nach Europa womöglich auch bestehende Ressentiments in der Bevölkerung? Mit ZDF-Moderator Claus Kleber und ARD-Aktuell-Chefredakteur Kai Gniffke haben sich zwei prominente Journalisten dafür ausgesprochen, explizit auch über positive Aspekte und Lösungen für die Flüchtlingsproblematik zu berichten.
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"Die Flüchtlingsproblematik kann einem schon den Schlaf rauben", sagte ZDF-Moderator Kleber im Interview mit der dpa. "Ich glaube, was man stärker betonen muss und was wir auch schon betonen, ist, dass es nicht nur Probleme gibt, sondern auch die Wege zur Lösung. Es geht darum, den Zuschauern nicht nur etwas zuzumuten, sondern ihnen auch Ideen zu geben, wie Probleme angepackt werden können."

Bereits am Montag hatte sich ARD-Aktuell-Chefredakteur Kai Gniffke im Tagesschau-Blog ähnlich geäußert. Es sei Aufgabe der ARD, unvoreingenommen und unparteiisch zu berichten und weder zu skandalisieren noch schönzureden. "Und doch legen wir in unseren Sendungen und Angeboten ein besonderes Augenmerk auf Menschen, Initiativen und Organisationen, die sich konstruktiv mit den Fragen auseinandersetzen: Was sind die passenden Konzepte für die stark gestiegene Zahl der Flüchtlinge? Was können die Bürger tun?", schreibt Gniffke.

Auch RTL will bei seinem Thementag zur Flüchtlingssituation am kommenden Montag unter anderem "Beispiele für die große Hilfsbereitschaft großer Teile der Bevölkerung" thematisieren. Als ein Beispiel diesen konstruktiven Ansatz nennt Gniffke eine Deutschland-Karte auf Tagesschau.de, auf der Integrationsprojekte für Flüchtlinge vorgestellt werden. "Wenn wir solche Initiativen zeigen, ergreifen wir dann Partei und verlassen damit die gebotene Neutralität?", fragt der Chefredakteur selbstkritisch.
Wenn wir solche Initiativen zeigen, ergreifen wir dann Partei und verlassen damit die gebotene Neutralität?
Kai Gniffke
Gniffke sieht indes gute Argumente für diesen Ansatz: "Nein, ich denke nicht, ich glaube sogar, dass dies Teil unseres Auftrages ist. Denn der sieht vor, dass unsere Nachrichten gesellschaftliche Teilhabe und Engagement fördern sollen." Allerdings sei dieser Ansatz ein schmaler Grat: "Die Gefahr bei dieser Art von Informationen ist, dass wir uns selbst als Beschützer der Flüchtlinge inszenieren und alles toll finden, was mit Flüchtlingen zu tun hat. Das wäre unjournalistisch."

Auch Claus Kleber ist sich dieser Gefahr bewusst: Man müsse "höllisch aufpassen, dass man nicht von oben herab pädagogisches Positivfernsehen veranstaltet. Das würden die Zuschauer sofort merken und ablehnen. Sie erwarten zu recht, dass die Nachrichten ihnen die Realität abbilden und nicht irgendwelche erzieherischen Konzepte umsetzen."
Man muss höllisch aufpassen, dass man nicht von oben herab pädagogisches Positivfernsehen veranstaltet.
Claus Kleber
Erst kürzlich hatte sich übrigens auch Spiegel-Online-Chefredakteur Florian Harms für mehr konstruktiven Journalismus ausgesprochen. Die Redaktion diskutiere darüber, diesen Ansatz zu verstärken und öfter entsprechende Artikel zu veröffentlichen. Man wolle "auch bei düsteren Themen einen Aspekt aufzeigen, der Hoffnung macht, der einen Ausweg weist, der viel diskutierte Themen auch mal aus einer anderen Perspektive beleuchtet".

Im Falle von Spiegel Online hat die Ankündigung, mehr Constructive News zu bringen, auch heftigen Widerspruch provoziert - man darf also gespannt sein, wie die Zuschauer auf die Ankündigung von ARD und ZDF für mehr konstruktive Berichterstattung reagieren. In den Kommentaren zu dem Blogbeitrag von Kai Gniffke halten sich Zustimmung und Ablehnung in etwa die Waage. Und Claus Kleber baute im Gespräch mit der dpa etwaiger Kritik schon einmal vor: "Die Wahrheit ist immer zumutbar, hat Ingeborg Bachmann einmal weise formuliert." dh



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