Es ist eine Ikone der Kriegsfotografie und sicher das berühmteste Bild aus dem Vietnamkrieg: Das Bild, wie die neunjährige Kim Phuc nackt und schreiend auf einer Straße steht, im Hintergrund die schwarzen Rauchwolken eines Bombenangriffes. Die "Aftenposten" hatte auf ihrer Facebook-Seite einen Artikel über den norwegischen Autor Tom Egeland gepostet, den das soziale Netzwerk vor einigen Wochen blockiert hatte, nachdem er sieben berühmte Kriegsfotos - darunter das mit dem nackten Mädchen - auf seiner Facebook-Seite gepostet hatte. Das Artikelbild, das in dem Beitrag der "Aftenposten" auf Facebook zu sehen war, war das der kleinen Kim Phuc.
Kurz nachdem der Post online war, sei eine E-Mail aus dem Hamburger Büro von Facebook bei der "Aftenposten" eingegangen, schreibt Chefredakteur
Espen Egil Hansen in einem offenen Brief, der an Facebook-CEO Mark Zuckerberg adressiert ist. Darin sei man aufgefordert worden, das Bild zu entfernen. "Weniger als 24 Stunden, nachdem die E-Mail abgeschickt worden war und bevor ich Zeit hatte, zu antworten, sind Sie selbst tätig geworden und haben den Artikel und das Bild von der Facebookseite der 'Aftenposten' entfernt", so Egil Hansen.
"Hör zu Mark, das hier ist ernst", richtet sich der Chefredakteur an Zuckerberg. "Ich finde, dass Sie Ihre Macht missbrauchen, und ich tue mich schwer damit zu glauben, dass Sie das gründlich durchdacht haben." Er sei "verärgert, enttäuscht" und besorgt darüber, dass "das wichtigste Medium der Welt Freiheit einschränkt anstatt zu versuchen, sie auszuweiten, und dass das gelegentlich auf eine autoritäre Weise passiert".
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Facebook löscht Popo-Foto
Die Jungen Liberalen hielten es für eine gute Sache, Facebook allerdings offenbar nicht: Die FDP-Nachwuchsorganisation hatte auf Facebook ein Foto gepostet, das an das berühmte Nackte-Hintern-Motiv der legendären "Kommune 1" angelehnt war. Wenig später wurde das Foto gelöscht - und die Julis geißeln das soziale Netzwerk "als Vertreter von Spießigkeit und Muff".
Auf Anfrage von HORIZONT Online gab Facebook am Freitagmittag ein Statement zu den Vorwürfen aus Norwegen ab. "
Während wir uns bewusst sind, dass es sich hier um ein ikonisches Foto handelt, so ist es generell dennoch schwierig, Unterscheidungen zu treffen, in welchen Fällen das Foto eines nackten Kindes zugelassen wird und in welchen Fällen nicht", heißt es darin. "Wir versuchen die richtige Balance zu finden, um Menschen die Möglichkeit zu geben, sich selbst zu äußern und gleichzeitig einen sicheren und respektvollen Umgang für unsere globale Gemeinschaft zu garantieren. Unsere Lösungen werden nicht immer perfekt sein, aber wir werden unsere Standards weiter verbessen um die bestmögliche Anwendbarkeit sicherzustellen."
Auch der Deutsche Journalisten-Verband kritisiert Facebook für die Löschung des Fotos: "Man muss von Facebook so viel Medienkompetenz erwarten dürfen, dass eine Unterscheidung zwischen einem zeitgeschichtlichen Dokument und Kinderpornografie vorgenommen wird", so der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall. Das gelte vor allem dann, wenn das Bild auf der Facebook-Seite einer renommierten Tageszeitung stehe. "Welche Inhalte eine Zeitung veröffentlicht, muss die Entscheidung der Redaktion bleiben." Alles andere sei ein Eingriff in die Pressefreiheit.
Es ist nicht das erste Mal, dass Facebook Fotos oder Abbildungen von Kunstwerken entfernt, weil sie gegen Richtlinien des Online-Netzwerks zur Abbildung von Nacktheit oder Gewalt verstießen. Noch gut in Erinnerung ist etwa
die Löschung eines Covers des "Zeit Magazins", weil darauf der Penis eines Mannes zu sehen war. Wenig später
ereilte "Zeit Campus" das gleiche Schicksal, diesmal wegen einer nackten Brust.
Im vergangenen Jahr gab Facebook einen genaueren Einblick in die Richtlinien, die darüber entscheiden, welche Inhalte auf der Plattform bleiben dürfen und welche nicht. "Wir entfernen Fotos von Personen, auf denen Genitalien oder vollständig entblößte Pobacken zu sehen sind. Außerdem beschränken wir Bilder mit weiblichen Brüsten, wenn darauf Brustwarzen zu sehen sind",
hieß es damals.
ire/mit Material von dpa
Update: Inzwischen hat Facebook das Bild wieder zugelassen. In einem Posting erklärt Facebook-Manager Justin Osofsky, wie es zu der Löschung kam.