Google hält die Wirtschaftspolitik weiter auf Trab
Die Europäische Union hört die Signale: EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia will nach einer Flut neuer Beschwerden die Auflagen gegen den Internetkonzern Google verschärfen. Der designierte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker will nach Informationen des "Spiegel" außerdem einen Digitalkommissar ernennen, der die Digitalpolitik der EU koordinieren soll.
In einem Brief an die anderen EU-Kommissare berichtet Wettbewerbskommissar Almunia von immer neuen Beschwerden gegen Google. Unter anderem gehe es um "soziale Netzwerke, Videokataloge, Streaming-Dienste, mobile Betriebssysteme und Apps". Der Vorwurf sei immer der Gleiche: Google missbrauche seine dominante Posistion, um Wettbewerber aus immer mehr Märkten zu drängen. Zu den Beschwerdeführern gehört laut "Spiegel" unter anderem die Deutsche Telekom, die im Open Internet Projekt zusammengeschlossenen Verlage, die Vereinigung der Bildagenturen CEPIC und eine Werbeplattform.
Alumia, bislang nicht unbedingt durch übergroßen Regulierungseifer aufgefallen, sieht sich angesichts der immer neuen Beschwerden offensichtlich zum Handeln gezwungen und will die Auflagen gegen den Internetriesen im laufenden Kartellverfahren verschärfen. Der Wettbewerbskommissar wollte das seit rund drei Jahren laufende Verfahren nach Zugeständnissen von Google eigentlich demnächst einstellen. Allerdings formierte sich innerhalb der Kommission Widerstand gegen eine schnelle Beendigung des Verfahrens.
Der designierte EU-Kommissionspräsident
Jean-Claude Juncker will die Digitalpolitik der EU außerdem künftig besser koordinieren. Nach Informationen des "Spiegel" sucht er derzeit einen "durchsetzungsstarken Digitalkommissar", der mit umfassenden Kompetenzen ausgestattet werden soll. Dieser könnte künftig zum Beispiel die Vergabe von Rundfunkfrequenzen koordinieren oder ein europäisches Urheberrecht durchsetzen. Als möglicher Kandidat für den Posten wird der finnische Ministerpräsident
Jyrki Katainen genannt.
Auch auf nationaler Ebene wird derzeit geprüft, wie man die Marktmacht von Google beschränken könnte. So hat das
Bundeskartellamt im Auftrag des
Bundeswirtschaftsministeriums in einem 30-seitigen Papier analysiert, wie man Google auch auf nationaler Ebene stärker an die Kandare nehmen könnte. Eine Möglichkeit sei demnach die Einstufung des Suchmaschinenbetreibers als Infrastrukturanbieter. Damit könnte eine Regulierungsbehörde Google zum Beispiel vorschreiben, wie Dienste von Wettbewerbern in den Suchergebnissen angezeigt werden müssen.
Zuletzt hatten sich die kritischen Töne aus der Politik gegenüber der Marktmacht von Google gehäuft. Unter anderem Bundeswirtschaftsminister
Sigmar Gabriel als auch Bundesjustizminister
Heiko Maas hatten kürzlich laut über eine
Entflechtung des Internetkonzerns nachgedacht.
dh