Andreas Prasse
Digitale Außenwerbung gilt als einer der kapitalsten Trends im Werbegeschäft - wie groß das Thema wirklich wird, hängt aber vor allem von den Werbeagenturen ab. Im Interview mit HORIZONT Online sagt Andreas Prasse von Wall Decaux: "Ich halte den kreativen Aspekt für ganz entscheidend für die Zukunft von Digital Out of Home."
So ganz will sich Prasse aber wohl nicht darauf verlassen, dass den Werbern schon genug einfallen wird. Tatsächlich hat Wall Decaux seit einiger Zeit sogenannte Motion Designer am Start. Prasse: "Wenn uns der Kunde seine Print- oder TV-Kampagne gibt, bauen wir daraus ein animiertes Format für digitale Screens. Ich bin selbst überrascht, wie gut dieser Service angenommen wird." Was logischerweise gar nicht funktioniert: 30-Sekünder und allzu viel Blingbling. Mehr Erfolg versprechen "10-Sekunden-Spots mit einer visuell dynamischen Animation." "Im Grunde", sagt der Chef von Wall Decaux, "bringen wir gerade eine neue Werbeform in den Markt."
Prasse nimmt auch zu der Frage Stellung, wie wichtig das klassische Kriterium Reichweite in der Mediaplanung noch ist - immer mehr Agenturmanager schwärmen ja von One-to-One-Kommunikation, am liebsten in sozialen Netzwerken. Prasse: "Bei aller verständlichen Internet-Begeisterung: Ich empfinde diesen digitalen Absolutismus bei manchen Vermarktern als sehr populistisch und völlig übertrieben. Ich bin absolut überzeugt, dass Reichweite für die Mediaplanung ein zentrales Thema ist und das auch bleiben muss." Vorteil Außenwerbung: "Bei uns erreichen Sie die Menschen wirklich, wir haben kein Problem mit Ad-Blockern, gefaktem Traffic oder unvollständiger Auslieferung von Werbemitteln. Aufgrund der zunehmenden Urbanisierung gewinnen wir ja sogar noch Reichweite. Davon können die anderen klassischen Mediengattungen nur träumen.
Bei uns erreichen Sie die Menschen wirklich, wir haben kein Problem mit Ad-Blockern, gefaktem Traffic oder unvollständiger Auslieferung von Werbemitteln.
Andreas Prasse
Auf die OoH-Branche sieht Prasse deshalb rosige Zeiten zukommen, der Anteil am Media-Mix soll von derzeit 6 bis 2020 auf 10 Prozent anwachsen.
Wie läuft das Geschäft? 2015 war für unsere Branche ein absolutes Rekordjahr. Wir haben deutlich Marktanteile gewonnen und erstmals Radio überholt. So kann es weitergehen.
Und, geht es so weiter? Es sieht ganz danach aus. In den ersten 3 Monaten hat Out of Home laut Nielsen 10,7 Prozent zugelegt. Im vergangenen Jahr ist unser Marktanteil von 5,5 auf 5,9 Prozent gestiegen. Ich gehe davon aus, dass wir in diesem Jahr locker die 6-Prozent-Hürde überspringen - und Wall Decaux dabei wie 2015 erneut überproportional zulegen kann.
Wo ist die Grenze für Out of Home (OoH)? Ich bin überzeugt, dass OoH im Mediamix mit einem Marktanteil von 6 Prozent nach wie vor massiv unterbewertet ist! Wir haben schon vor 2 Jahren einen Marktanteil von 10 Prozent als Ziel ausgegeben - und das wollen wir bis zum Jahr 2020 erreichen.
Wie kann es sein, dass Aussenwerbung aktuell so gut läuft? Im Moment sind doch alle Werbungtreibenden auf der Suche nach dem idealen Mediamix - und da spielt Außenwerbung eben eine zunehmend wichtige Rolle. Schauen Sie sich einmal die Liste unserer Neukunden 2015 an. Da stehen Namen wie Ferrero, aber eben auch die komplette Speerspitze der digitalen Transformation: Netflix, Google, Amazon, Apple, Ebay. Das ist doch sehr bemerkenswert. In London hat Google einen der zentralen Werbeträger von Decaux für ein Jahr komplett durchgebucht. Das spricht Bände.
Out-of-Home
Wie sich die Gattung neue Marktanteile holt - und Abschied aus der Nische nimmt
Out-of-Home, in den vergangenen Jahren vor allem Nischenmedium, blickt auf ein richtig starkes Jahr zurück. In einer Umfrage attestieren Mediaagentur-Vertreter den Vermarktern der Gattung nicht nur gute Arbeit - sondern auch weitere Wachstumschancen. ...
Neidisch auf Konkurrent Ströer, der in Deutschland die Schlagzeilen dominiert? Ich möchte die Strategie von Ströer gar nicht kommentieren, aber ich sehe überhaupt keinen Grund, mit unserer eigenen Strategie zu hadern. Wie sind die Fakten? OoH ist nach TV der große Wachstumstreiber im Werbegeschäft, während Onlinewerbung 2015 flat war und im 1. Quartal 2016 sogar ins Minus gerutscht ist. Also wo sollte da ein Problem für uns sein? JCDecaux verfolgt seit 50 Jahren sehr konsequent eine Pure-Player-Strategie und ist weltweit klarer Marktführer in einem Wachstumsmarkt. Wir sind in über 75 Ländern auf 5 Kontinenten vertreten. Ich weiß nicht, warum wir da auf irgendjemanden neidisch sein sollten.
Wie lautet die Digitalstrategie von Wall Decaux? Wenn ich sage, dass wir von unserer Positionierung als Pure Player überzeugt sind, heißt das ja mitnichten, dass wir uns aus der digitalen Transformation verabschieden. Das Gegenteil ist richtig. Wir investieren immens in die Digitalisierung unserer Werbeträger und sehen uns auch hier in einer Vorreiterrolle. Wall Decaux ist in Deutschland eindeutig Qualitäts- und Innovationsführer bei Digital Out of Home.
Viele Agenturmanager sagen: Schiere Reichweite ist nicht mehr so wichtig, worauf es ankommt sind One-to-One-Kontakte. Ihr Kommentar dazu? Bei aller verständlichen Internet-Begeisterung: Ich empfinde diesen digitalen Absolutismus bei manchen Vermarktern als sehr populistisch und völlig übertrieben. Buzzwords werden nicht dadurch wahrer, dass man sie ständig in den Markt ruft. Ich bin absolut überzeugt, dass Reichweite für die Mediaplanung ein zentrales Thema ist und das auch bleiben muss. Reichweite ist eine der wichtigsten Basen für Werbewirkung! Das ist ja auch einer der Gründe, warum Außenwerbung sich so gut entwickelt. Bei uns erreichen Sie die Menschen wirklich, wir haben kein Problem mit Ad-Blockern, gefaktem Traffic oder unvollständiger Auslieferung von Werbemitteln. Aufgrund der steigenden Mobilität der Menschen und der zunehmenden Urbanisierung gewinnen wir ja sogar noch Reichweite. Davon können die anderen klassischen Mediengattungen nur träumen.
Wall Decaux ist in Deutschland eindeutig Qualitäts- und Innovationsführer bei Digital Out of Home.
Andreas Prasse
Sie wollen die Anzahl digitaler Screens in den kommenden Jahren massiv ausbauen. Wie sind die bisherigen Erfahrungen? Was die Nachfrage von Kundenseite betrifft, läuft es von Anfang an richtig gut. Wir werden in diesen Tagen eine erste Studie zur Werbewirkung von Digital Out of Home veröffentlichen, das ist die erste dieser Art in Europa. Die Ergebnisse sind überaus erfreulich und bestätigen unsere Strategie.
Was kam bei der Studie heraus? Das wichtigste Ergebnis ist, dass digitale Werbeträger noch einmal eine signifikant höhere Werbewirkung haben als analoge. Das gilt für alle drei untersuchten Wirkfaktoren: Werbeerinnerung, Kontaktqualität und Aktivierung.
Was folgt daraus für die Digital-Strategie? Die entscheidende Frage ist doch: Wie muss man einen digitalen Screen bespielen, um die größtmögliche Werbewirkung zu erzielen? Was nicht funktioniert sind 30-Sekünder oder zu viel Blingbling. Aus unserer Sicht optimal sind 10-Sekunden-Slots mit einer visuell dynamischen Animation. Das kann zum Beispiel eine Kaffeetasse sein, die dampft oder sich langsam füllt. Was man wirklich sehen muss: Im Grunde bringen wir gerade eine neue Werbeform in den Markt.
Wie nehmen Kunden und Kreativagenturen sich dieser neuen Werbeform an? Mit Kunden haben wir bereits erste sehr positive Erfahrungen gemacht. Wir haben einen Bereich Smart Digital gegründet, in dem wir sogenannte Motion Designer beschäftigen. Wenn uns der Kunde seine Print- oder TV-Kampagne gibt, bauen wir daraus ein animiertes Format für digitale Screens. Ich bin selbst überrascht, wie gut dieser Service angenommen wird. Namhafte Kunden haben hier durchaus Ihre Vorlagen von uns ändern zu lassen. Ich halte diesen kreativen Aspekt für ganz entscheidend für die Zukunft von Digital Out of Home.
Ist die Kreation nicht eigentlich Aufgabe der Werbeagenturen? Kann sein – muss aber nicht. Wenn die Werbeagenturen sich darum kümmern, ist das natürlich wunderbar. Ich halte es aber für strategisch wichtig, den Kunden diese zusätzliche Serviceleistung auch anzubieten. Und unsere bisherigen Erfahrungen geben uns hierbei recht.
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Nach dem Ausscheiden von Daniel Wall hat Ihr Unternehmen in Deutschland keinen CEO mehr. Das ist seltsam. Das ist nicht seltsam, sondern logisch. Wir haben zwei Geschäftsfelder, den Städtemarkt und den Verkaufsmarkt. Für den einen Bereich, also die Städteausschreibungen, ist Patrick Möller zuständig, für den anderen ich. Dritter Mann im Vorstand ist Andreas Scholz, der die Finanzen und Administration unter sich hat. Ich halte das für eine ideale Aufteilung.
Sie berichten an Konzernvorstand Daniel Hofer. Wie eng ist Ihr Austausch mit ihm und mit Unternehmenschef Jean-Francois Decaux? Sehr eng. Daniel Hofer treffe ich mindestens alle zwei Wochen, wir telefonieren fast täglich und haben einen sehr intensiven Austausch. Jean-Francois Decaux sehe ich im Schnitt einmal im Monat. Er hat Deutschland aufgebaut und wird diesen Markt niemals vernachlässigen.
Ist das eher ein Vor- oder ein Nachteil? Viele Deutschlandchefs sind ja ziemlich genervt, wenn das Headquarter sich ständig einmischt. Ich empfinde das Commitment in Paris und London als absolut positiv. Nach dem Abschied von Daniel Wall wollen wir die Kraft der Gruppe noch viel stärker nutzen. Ich habe zum Beispiel eine 3-Länder-Initiative mit England und Frankreich initiiert, wo wir uns intensiv über Best Practises austauschen und voneinander lernen. Vor allem bei digitalen Themen ist England für uns ein eminent wichtiger Ansprechpartner. Eine solche Runde gibt es auch mit den Geschäftsführern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, in der es vor allem um Synergien geht. Ich halte die internationale Aufstellung von Decaux mit Vertretern aus über 75 Ländern für eine riesige Stärke und einen echten USP. Es wäre absolut sträflich, das nicht zu nutzen. Deshalb sind wir auch dabei, uns noch viel stärker im Konzern zu verankern.