Das Cover der aktuellen "Spiegel"-Ausgabe sorgt für Diskussionen
Heute ist ein wichtiger Tag für die angespannten deutsch-griechischen Beziehungen: Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras kommt zu seinem Antrittsbesuch nach Berlin. Die aktuellen Ausgaben des "Spiegel" und der "Bild" dürfte er mit Interesse zur Kenntnis nehmen. Denn während das Hamburger Nachrichtenmagazin wegen seines Titelbildes zu Griechenland in der Kritik seht, schlägt die Boulevardzeitung ungewöhnlich sanfte Töne gegenüber Tsipras an.
"Hitler geht immer", ist ein gern geäußerter Vorwurf zu den Titelbildern des "Spiegel". Auf der aktuellen Titelseite des Nachrichtenmagazins ist Hitler selbst zwar nicht zu sehen. Dafür sieht man eine Gruppe Nazis im Jahr 1941 vor der Akropolis in Athen - und mittenrein montiert ist Angela Merkel. Das Heft trägt den Titel "The German Übermacht - Wie Europäer auf die Deutschen blicken" und beschäftigt sich in der Titelgeschichte damit, wie Griechen, Italiener oder Franzosen die Deutschen sehen - und sich dabei allzu oft in Nazi-Vergleiche ergehen. Merkel mit NSDAP-Binde am Arm oder Hitlerbärtchen kennt man in der Tat von einigen europäischen Medien.
So liegt der "Spiegel" aktuell am Kiosk
In diese teils cholerische, teils schwachsinnige Kerbe wollte der "Spiegel" nun offenbar selbst hauen - wenn auch ironisch distanziert. Was sich viele jedoch fragen: Muss man die deutsche Bundeskanzlerin gleich per Fotomontage bildlich in die Nähe von nazionalsozialistischen Eroberern rücken? Und das auch noch auf dem Cover? Es verwundert nicht, dass der "Spiegel"-Titel
zu irritierten und kritischen Reaktionen auf Twitter führte.
Kai Diekmann etwa, dessen "Bild" nicht gerade zimperlich mit dem Griechenland-Thema umgeht, schreibt auf Twitter seinem ehemaligen Kollegen und heutigen "Spiegel"-Mann Nikolaus Blome: "So ein Titelbild hättest Du mir nicht durchgehen lassen!" Und auch das Feuilleton beschäftigt sich mit der Sache: Die "Süddeutsche Zeitung" etwa überschrieb
ihren Bericht am Samstag recht eindeutig mit "'Spiegel' stellt Merkel in eine Reihe mit Nazis".
Kai Diekmann zum Spiegel
Beim "Spiegel" wollte man die Vorwürfe nicht unwidersprochen stehen lassen: "Der neue Spiegel-Titel fällt auf, spitzt zu, und scharf ist er auch. Aber missverständlich? Nein, missverstehen kann ihn nur, wer ihn missverstehen will",
schreibt Chefredakteur Klaus Brinkbäumer im Hausblog. "FAZ"-Mann
Michael Hanfeld hält dagegen: Wenn man ein Titelbild, das als Anspielung gemeint war, erklären müsse, sei etwas schief gegangen, so der verantwortliche Medienredakteur der "FAZ". Und weiter: "Der 'Spiegel' lädt mit seiner Bildanordnung dazu ein, genau den Nationalismus zu transportieren, den man zu kritisieren vorgibt." Ob die Aufregung nun beabsichtigt war oder nicht: Entscheidend wird für den "Spiegel" sein, wie sich das aufmerksamkeitsstarke Cover in den Verkaufszahlen niederschlägt.
Die "Bild" geht derweil auf Schmusekurs: "Willkommen in Deutschland, Herr Tsipras", titelt die Boulevardzeitung heute - sowohl auf Deutsch als auch auf Griechisch. Dazu listet "Bild" "50 Gründe, warum uns die Griechen lieb und teuer sind" auf. Darunter sind Banalitäten wie Punkt 17: "Weil wir die Sirtaki-Schritte auch nach 10 Ouzo noch irgendwie hinkriegen". Hinzu kommt das augenzwinkernde Stück "Gucken Sie mal Herr Tspiras, so geht sparen". Aber immerhin. Der Springer-Titel hatte zuletzt
schon deutlich schärfer gegen Griechenland geschossen.
Bild Tsipras
Deswegen hat die "Bild" derzeit auch Ärger mit der Grünen-Politikerin
Tabea Rössner. Die Zeitung hatte jüngst eine Mail an alle Abgeordneten des Deutschen Bundestags verschickt mit der Frage, wie sie einem möglichen weiteren Hilfspaket für Griechenland gegenüberstehen würden. Man werde alle Antworten - auch ausbleibende - dokumentieren, so die Ansage aus der Redaktion.
Rössner drehte den Spieß kurzerhand um: In einer Mail an die "Bild" fragte die Grünen-
Sprecherin für Medien, Kreativwirtschaft und Digitale Infrastruktur, "ob die Bild-Zeitung beabsichtigt ihre andauernde Kampagne, in der pauschal ein ganzes Volk stigmatisiert und diffamiert wird, fortzuführen – und wie begründen Sie das?" Auch sie werde "sämtliche Antworten oder ausbleibenden Antworten" auf ihrer Website dokumentieren.
ire