Gründerszene-Chefredakteur Frank Schmiechen hielt auf dem Medienkongress ein Plädoyer für Katzenbilder
Das Journalistendasein ist auch nicht mehr das, was es mal war. Zumindest dann nicht, wenn man für Onlinemedien arbeitet: Man muss früh aufstehen, sich für Zahlen interessieren – und auch mal mit den Kollegen Kaufleuten reden. Dies war eine Erkenntnis der Online-Chefredakteursrunde auf dem Deutschen Medienkongress. Die andere: Katzen-Content gehört rehabilitiert!
"Relevant ist das, was die Leser für relevant halten und deshalb lesen", sagt Christin Martens, Chefredakteurin von Business Insider Deutschland. Am selben Tag hatte ihr Portal den Milliardenverlust der Deutschen Bank direkt neben einer Geschichte über Hunde im Büro platziert. Und natürlich hat die Hundenummer besser geklickt, bekennt Martens.
Das ist der Knochen, auf den "Gründerszene"-Chefredakteur Frank Schmiechen anspringt. Hunde seien okay, aber: "Ich bin ein Fan von Katzen-Content. Wir alle sind doch auch im Arbeitsalltag Menschen mit Emotionen, und Katzen sind süß – also ist das sehr relevanter Content!"
Und dieser erhöhe die Chancen aufs Geldverdienen. "Wenn genügend Leute bestimmte Inhalte oder Dienste interessant finden, dann wird es dazu auch ein Geschäftsmodell geben", sagt "Finanztip"-Chef Hermann-Josef Tenhagen. So gesehen sei es jetzt doch eine "Traumwelt" für Medienmacher und -unternehmer: "Man sieht immer direkt, was funktioniert." Wir alle sind doch auch im Arbeitsalltag Menschen mit Emotionen, und Katzen sind süß – also ist das sehr relevanter Content!
Frank Schmiechen
Dafür müssten sich nun aber auch die Inhaltsproduzenten interessieren, fordert "t3n"-Chefredakteur Jan Christe. "Es ist essentiell, dass auch die Journalisten die neuen Geschäftsmodelle ihrer Branche verstehen." Sie müssten sich "auf Augenhöhe" mit ihren Vertriebskollegen unterhalten, die Kaufleute nicht als Feinde sehen und gemeinsam neue Produkte entwickeln.
Ja, die Zeiten, in denen Journalisten lange ausschlafen konnten und sich nicht für Zahlen interessieren mussten, seien vorbei, stellt auch Schmiechen fest. Und für Verlage mit langer, erfolgreicher Print-Historie sei es schwieriger, Digital-Geschäftsmodelle zu finden als für Startups; "Gründerszene" jedenfalls mache Gewinn, auch dank Jobbörsen und Sponsored Posts. Christin Martens, Chefredakteurin von Business Insider Deutschland, hält Twitter hierzulande für relativ unbedeutend
Bei Business Insider Deutschland sorgten Banner und Native Advertising für Umsätze, berichtet Martens. Und muss man auf jedem neuen Medienkanal mit dabei sein, ob nun Facebook oder Snapchat? Nein, sagt sie, doch es könne nützen, dies und das einmal auszuprobieren. Zum Beispiel Twitter? "Twitter ist in Deutschland als Distributionskanal nicht wichtig – ein Mikrokosmos, eher ein Medienthema."
Nur Obacht vor Facebook! Die Plattform wolle zum umfassenden Medienkanal für alle werden, warnt Schmiechen; hier dürften sich die Medien nicht in zu große Abhängigkeit begeben und müssten Alternativen aufbauen. "Anbieter, die die Nutzer in ihre geschlossene Welt holen wollen, sind keine guten Geschäftspartner für Verlage", ergänzt Tenhagen.
Zum Schluss noch eine scheinbare Beruhigung für all jene, die wie "t3n"-Mann Christe darüber klagen, dass im Zukunftsmarkt Mobile die Vermarktung eklatant hinter der Nutzung hinterherhinke. "In ein paar Jahren wird unsere gesamte Umgebung voller Screens sein", prophezeit Schmiechen. Da sollte man sich jetzt nicht allzu sehr grämen über die Frage, "wie man Werbung aufs Mäusekino Handy bringt" - sondern schon weiter denken. rp