"Der Spiegel"

Klaus Brinkbäumer und Florian Harms offiziell zu Chefredakteuren ernannt

Die neue "Spiegel"-Doppelspitze: Klaus Brinkbäumer (l.) und Florian Harms
Spiegel Verlag
Die neue "Spiegel"-Doppelspitze: Klaus Brinkbäumer (l.) und Florian Harms
"Der Spiegel" macht es offiziell: Wie bereits vermutet, wird Klaus Brinkbäumer neuer Chefredakteur des Print-"Spiegel", Florian Harms leitet als Chefredakteur künftig Spiegel Online. Brinkbäumer wird zusätzlich als Herausgeber des Nachrichtenportals fungieren und damit eine Art Primus inter Pares.
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Brinkbäumer und Harms waren bereits seit der Abberufung des Print- und Online-Gesamtchefs Wolfgang Büchner Anfang Dezember als künftige Doppelspitze gehandelt worden - die offizielle Bestätigung stand allerdings bis jetzt aus. In den vergangenen Wochen wurde offensichtlich noch an den Verträgen der beiden neuen Chefredakteure getüftelt.

Brinkbäumer, 47, galt schon lange als Print-Top-Kandidat einer internen Duo-Lösung, die nach der Absage des Wunschkandidaten Giovanni di Lorenzo ("Zeit") nötig wurde. Seit 1993 beim "Spiegel", als Redakteur und New-York-Korrespondent bald preisgekrönt, wurde Brinkbäumer 2011 erst Textchef, dann Vize-Chefredakteur. Im Sommer vorletzten Jahres führte er – damals mit Martin Doerry – die Print-Redaktion kommissarisch, von April bis August 2013, als die frühere Doppelspitze Georg Mascolo/Mathias Müller von Blumencron schon weggeschickt und Büchner noch nicht angetreten war. Und hat sich dabei bewährt. Brinkbäumer gilt als exzellenter Schreiber und Blattmacher.

Große Expertise mit Digitaljournalismus hat dagegen Florian Harms. Der 41-Jährige kam nach einem Volontariat bei der "Neuen Zürcher Zeitung" 2004 als freier Nachrichtenjournalist zu Spiegel Online, zwei Jahre später wurde er fester Redakteur. Ab 2007 leitete der promovierte Islam- und Politikwissenschaftler die Entwicklung des Zeitgeschichteportals Einestages. Im Juli 2008 wurde Harms bei Spiegel Online Chef vom Dienst, im März 2011 stellvertretender Chefredakteur des Portals.

Kein Zweifel: Brinkbäumer und Harms sind exzellente Journalisten, mit großen Meriten auf ihrem jeweiligen Gebiet. Für den Erfolg des Gesamtunternehmens „Spiegel“ wird es nun aber darauf ankommen, ob und wie beide miteinander – und mit dem scheidenden Geschäftsführer Ove Saffe und dessen noch zu bestimmendem Nachfolger – an einem Strang ziehen bei der Aufgabe, die Marke ins digitale Zeitalter zu überführen.

Die frühere Doppelspitze Mascolo/Müller von Blumencron (2008 bis 2013) war an dieser Aufgabe krachend gescheitert, sowohl in gemeinsamer Verantwortung für Print/Online als auch dann getrennt. Aus diesen fünf für den "Spiegel" verlorenen Jahren, in denen der lähmende Dauerzoff der Doppelspitze eine offene digitale Alphabetisierung der Print-Redaktion verhindert hat, müssen die neuen Chefredakteure lernen. Und gemeinsam mehr ausprobieren und auch choreographieren.

Das größte Risiko der neuen Doppelspitze liegt darin, dass beide ihre vertrauten Bereiche protegieren – doch sie müssen das publizistische und wirtschaftliche Gesamtwohl der Marke im Sinn haben, auch wenn dies manchmal vermeintlich oder zunächst zu Lasten der Print-Exklusivität oder der Online-Klicks geht. Die Chefredaktion muss sich für alles zusammen verantwortlich fühlen, auch dann, wenn die Redaktionen und die Ressortleitungen weiterhin getrennt blieben. Sie muss sich einig sein darin, wer wann Zugriff auf welche Redakteure hat und auf deren Produkte. Auch intern muss gelten, mit Blick auf die branchenüblich sinkenden Werbeerlöse und Auflagen und auf die Konsequenzen daraus: Keine Angst vor der Wahrheit, um mal den neuen Markenclaim des "Spiegel" zu zitieren.

Wenn das nun wieder nicht gelingt, würde Zoff zum Dauerzustand im Hause. Der "Spiegel" würde weiter Zeit verlieren bei seiner digitalen Transformation und Gefahr laufen, seinen (dank bisher erfolgreicher Print- und Online-Ausgaben) Vorsprung zu verspielen. rp



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