ZDF-Intendant Thomas Bellut
Das ZDF will mehr Nachrichten am Wochenende senden. "Wir haben festgestellt, dass wir am Samstag nach den Anschlägen von Paris im Tagesprogramm nicht so reagieren konnten, wie das von uns erwartet wird", sagte Intendant Thomas Bellut im dpa-Interview. Das sei eine Folge des Personalabbaus. "Wir werden im nächsten Jahr zusätzliche Informationsendungen am Wochenende anbieten." Beim Sport arbeitet das ZDF nach seiner Ansicht "extrem gut" mit der ARD zusammen. "Aber die Abstimmung ist schwieriger geworden."
Als Sie ZDF-Intendant wurden, haben Sie unter anderem das Ziel ausgegeben, Qualitätsanbieter Nummer eins zu werden und das Hauptprogramm zu verjüngen. Wie ist Ihre bisherige Bilanz? Die vielen Ereignisse in diesem Jahr von "Charlie Hebdo" über Germanwings, Ukraine, Griechenland bis zu den Anschlägen in Paris waren eine Herausforderung, die unsere Redaktionen sehr gut gemeistert haben. Man sieht es auch daran, dass die Akzeptanz für "heute" und "heute-journal" gestiegen ist. Es wird ja immer wieder das Ende des Fernsehens, auch der Fernsehnachrichten, vorhergesagt - die Realität sieht anders aus. Wir werden gebraucht. Auf der anderen Seite gibt es die Frage "Stimmt das, was die berichten?", Stichwort: "Lügenpresse". Diese Diskussion nehmen wir sehr ernst. Wir müssen sehen, dass wir als beitragsfinanzierter Sender möglichst viele Zuschauer mit unseren Nachrichten erreichen. Wir werden deshalb unser Informationsprofil weiter schärfen, trotz aller Sparbemühungen. Es wird ja immer wieder das Ende des Fernsehens, auch der Fernsehnachrichten, vorhergesagt - die Realität sieht anders aus.
Thomas Bellut
Wie könnte das Infoprofil geschärft werden? Wir haben festgestellt, dass wir am Samstag nach den Anschlägen von Paris im Tagesprogramm nicht so reagieren konnten, wie das von uns erwartet wird. Eine Folge des Personalabbaus. Von uns wird erwartet, dass wir ständig kompetent da sind, um große Nachrichtensituationen abzubilden. Das ist ein Kompliment, aber eben auch eine Herausforderung. Wir werden im nächsten Jahr zusätzliche Informationsendungen am Wochenende anbieten. Es geht darum, dass eine Mannschaft an Deck ist, die bei besonderen Ereignissen schnell auf den Sender kann.
Wie hat es mit der Verjüngung geklappt? Im Hauptprogramm sind wir nicht jünger geworden. Es ist praktisch nicht möglich, einen großen Tanker wie das Hauptprogramm auf einen Schlag strategisch zu verändern. Deswegen sind wir froh, dass wir eine erfolgreiche Programmfamilie haben. ZDFneo und ZDFinfo erreichen gute Ergebnisse in der jüngeren Zielgruppe. Mit ihnen zusammen liegen wir wieder auf dem Stand der 1990er Jahre. Bei den 14- bis 49-Jährigen sind das immerhin rund 10 Prozent Marktanteil. Beim Hauptprogramm geht es eher darum, moderner zu werden. Das ist eine ständige Aufgabe, die wir zum Beispiel mit Herrn Gätjen im Showbereich 2016 angehen. Auch sonst versuchen wir mit Formen, die generationsübergreifend erfolgreich sind, im Hauptprogramm das junge Publikum anzusprechen. Das gelingt mit besonderen Serien wie "Blochin" oder "Das Team" und natürlich auch mit Sportberichterstattung.
Thomas Gottschalk stand jahrelang für "Wetten, dass..?". Plant das ZDF mit ihm wieder etwas? Wir machen im Februar die "Goldene Kamera" mit Thomas Gottschalk. Es gibt also eine gelegentliche Zusammenarbeit bei Events. Ansonsten ist er bei RTL unter Vertrag. Wir sind gut aufgestellt, etwa mit Kerner, Lanz, Welke, Nebel und demnächst mit Steven Gätjen, den wir exklusiv an uns binden konnten. Wir erwarten nicht gleich Topquoten von ihm. Ich bin aber sicher, dass er mit Hingabe daran arbeiten wird, ein jüngeres Publikum zu erreichen. Ich habe da einen langen Atem. Dass wir das können, haben wir etwa mit der "heute-show", früher mit Joko und Klaas oder jetzt mit Jan Böhmermann gezeigt. Böhmermann ist schon eine Marke, und Marken kann man nur begrenzt hin und her schieben.
Thomas Bellut
Wird Jan Böhmermann ins Hauptprogramm wechseln? Er hat schon ein Bein im Hauptprogramm. Für mich ist er ganz klar einer der Aufsteiger des Jahres. Böhmermann ist schon eine Marke, und Marken kann man nur begrenzt hin und her schieben. Es sollte aber niemand unsere Fähigkeit unterschätzen, auch mal Veränderungen vorzunehmen.
Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit mit der ARD? Sie wollten die Abstimmung enger verzahnen, zum Beispiel bei Sendungen über Adelshochzeiten. Die Adelshochzeiten haben wir gut hinbekommen. Aber die Abstimmung ist schwieriger geworden durch immer mehr Kanäle und Interessen. Wir versuchen, wenigstens noch die Nachrichten und politische Sendungen abzustimmen. Beim Sport arbeiten wir extrem gut zusammen.
Das nächste Jahr ist ein Sportjahr. Die Übertragungen kosten aber auch viel Geld. Bei welchen Rechten mischt das ZDF mit? Wir überlegen sehr genau, wo wir investieren. Unsere Obergrenze für Sportrechte liegt bei rund 220 Millionen Euro im Schnitt pro Jahr. Beim DFB-Pokal haben wir nicht mitgeboten. Bei der Bundesliga würden wir gern die Rechte für das "Aktuelle Sportstudio" am späteren Samstagabend behalten. Interessant werden die Ausschreibungen für Qualifikations- und Freundschaftsspiele der Nationalmannschaft sowie für die Champions League. Das Interesse bei den Privatsendern ist nach meinem Eindruck wieder deutlich gewachsen. Der Spitzensport ist und bleibt eine Konstante, auch wenn der Korruptionsverdacht, der vor allem auf der FIFA lastet, die Akzeptanz nach meiner Auffassung schon beschädigt. dpa / Oliver von Riegen