"Bild"

Warum die Boulevardzeitung einen Tag komplett auf Bilder verzichtet

Die "Bild" zeigt heute nur graue Flächen statt Bilder
Screenshot Bild.de
Die "Bild" zeigt heute nur graue Flächen statt Bilder
Wer heute morgen die "Bild" aufschlägt oder Bild.de im Internet ansteuert, der erlebt eine Überraschung. Denn die Zeitung verzichtet heute in Print und online komplett auf das, was sie sonst ausmacht: Bilder.
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Dort, wo sonst Bilder zu sehen wären, sind im Blatt und auf den digitalen Plattformen lediglich graue Flächen zu sehen. Mit dem drastischen Schritt will die Zeitung auf die "Macht der Bilder" aufmerksam machen. "Wir wollen damit zeigen, wie wichtig Fotos im Journalismus sind. Und dass es sich lohnt, jeden Tag um das beste Foto zu kämpfen!", begründet die Redaktion den vollständigen Verzicht auf Bilder. "Bild" stehe jeden Tag für die Veröffentlichung auch umstrittener Fotos ein - wie zum Beispiel das Bild des ertrunkenen Flüchtlingskindes, das vergangene Woche für viel Anteilnahme, aber auch hitzige Diskussionen gesorgt hatte.

Auf einer ganzen Seite beschäftigen sich außerdem Alexander von Glauchau, Chef der letzten Seite der "Bild" und Bild.de-Chefredakteur Julian Reichelt mit der Macht der Bilder. Während von Glauchau vor allem die Tradition der "Bild" beschwört ("Bild ist täglich erlebte Geschichte"), plädiert Reichelt in seinem Kommentar "Warum wir uns zwingen müssen, hinzusehen" für die Verwendung auch drastischer Fotos.
Das Foto dokumentiert bloß die Welt. Die Welt ist nicht verpixelt.
Julian Reichelt
Bild.de-Chef Julian Reichelt
Axel Springer
Bild.de-Chef Julian Reichelt
"Nicht das Foto stellt die würdelose Situation her, sondern der Krieg oder die Ignoranz der Politik oder unsere Feigheit davor einzuschreiten. Das Foto dokumentiert bloß die Welt. Die Welt ist nicht verpixelt", versucht Reichelt das Argument zu entkräften, manche Fotos würden die Würde der Abgebildeten verletzen - und stilisiert die "Bild" zugleich zum Anwalt der Schwachen und Unterdrückten: "Ohne Fotos wäre die Welt noch ignoranter, wären die Schwachen verloren, unsichtbar. Ohne Fotos blieben viele Verbrechen nicht nur ungesühnt - sie würde nicht einmal erinnert. Fotos sind der Aufschrei der Welt." Man darf davon ausgehen, dass Kritiker der "Bild" das etwas anders sehen. dh
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