Die Startseite von taz.de
Alles kann, nichts muss: Das Bezahlmodell für den Online-Auftritt der "taz", das erst
vor ein paar Tagen erweitert wurde, beruht auf freiwilliger Basis. Nutzer, die Texte auf der Website lesen wollen, zahlen entweder aus freien Stücken – oder gar nicht. In der Paid-Content-Serie stellt HORIZONT Online das in der Branche einzigartige Angebot vor, mit dem die linksalternative Tageszeitung durchaus Erfolg hat.
Das Modell
Nicht jeder, der unabhängigen Journalismus lesen will, kann gleichermaßen dafür bezahlen: Dieser Gedanke leitet die "taz" schon seit 30 Jahren bei den Print-Abos. Nach dem sogenannten Solidarpakt werden die günstigeren Abos von denen subventioniert, die es sich leisten können, etwas mehr zu bezahlen.
Auch Online wird der Gedanke fortgeführt. Seit Frühjahr 2011 gibt es mit
"taz.zahl ich" ein freiwilliges Bezahlmodell, bei dem die Leser die freie Wahl haben, einen Beitrag zu leisten oder weiter kostenlos zu konsumieren. Das Konzept erweiterten die Berliner Anfang dieses Monats um
die Möglichkeit, für 5 Euro monatlich ein Online-Abo abzuschließen – freiwillig versteht sich.
Die Bilanz
Nach vier Jahren unterstützen über 1500 Nutzer die "taz" regelmäßig mit durchschnittlich 60 Euro im Jahr. Mit dem neu eingeführten Online-Abo soll die Zahl derjenigen, die für taz.de zahlen, noch einmal deutlich steigen. Verpflichtend soll der Griff ins Portemonnaie auch künftig nicht werden. "Wer darauf setzt, hat den Gedanken des Internets nicht verstanden", sagt
Stefanie Baumeister, die "taz.zahl ich" betreut, im Interview mit HORIZONT Online.
"Wir wollen unsere Inhalte nicht hinter Schranken verstecken"
Stefanie Baumeister betreut das freiwillige Bezahlangebot "taz.zahl ich"
Wie fällt Ihre Paid-Content-Bilanz aus?
Seit der Einführung unserer Paywall haben wir 323.537 Euro durch freiwillige Beiträge von taz-Lesern generiert. Den größten Anteil machen dabei die Abonnenten aus, die uns regelmäßig einen Beitrag zahlen. Wir profitieren aber vor allem von dem guten Austausch mit unseren Nutzern, in dem wir immer neue Möglichkeiten und Modelle entwickeln.
Werden sich Bezahlmodelle für redaktionelle Inhalte Ihrer Meinung nach auf breiter Front durchsetzen?
Es hat sich herausgestellt, dass Online-Leser bereit sind, für guten Journalismus zu bezahlen. Wir wollen unsere Inhalte darum auch nicht hinter Schranken verstecken und nur einer geringen privilegierten Leserschaft zur Verfügung zu stellen. Wer darauf setzt, hat den Gedanken des Internets nicht verstanden. Es sieht im Moment nicht danach aus, dass sich ein Geschäftsmodell als das dominante durchsetzen wird. Und das ist auch gut so, denn jede Zeitung muss ihr eigenes Erfolgsmodell finden. Der taz ist dies mit "taz.zahl ich" bislang geglückt.
Die Serie
Es ist die Gretchenfrage für die Verlage im digitalen Zeitalter: Wie können wir mit unseren Inhalten im Internet Geld verdienen? Viele redaktionelle Angebote experimentieren mittlerweile mit Bezahlschranken und Abo-Modellen im Netz. HORIZONT Online stellt in loser Folge die Paid-Content-Modelle ausgewählter Angebote vor.
Für welche Inhalte sind Nutzer nach Ihrer Erfahrung am ehesten bereit, Geld zu bezahlen?
Die meisten Einmalzahlungen werden bei starken Meinungstexten und außergewöhnlichen Recherchen getätigt. Der Großteil unserer Freizahler trägt allerdings eine Idee, nämlich die, dass Online-Journalismus Geld kostet. Sie unterstützen uns mit einem Abo. Dafür sind wir dankbar, es stellt uns auch vor die Herausforderung, mit unseren Nutzern in Kontakt zu bleiben, damit wir ihr Feedback und ihre Anregungen aufnehmen können.
Denken Sie, die Paid-Content-Erlöse können irgendwann die Print-Verluste kompensieren, oder braucht es online noch andere Geschäftsmodelle?
Die Webseiten von Zeitungen sind schon länger kein Beiwerk mehr zur Print-Ausgabe, sondern eigene Produkte, die sich selbst finanzieren müssen. Wir hoffen natürlich, dass sich in Zukunft noch vielfältigere und elegantere Geschäftsmodelle als Paywalls entwickeln werden. Bei all dem wissen wir uns auf dem richtigen Weg. Unser Ziel: unabhängiger Onlinejournalismus ohne Bezahlschranken.
kl