"Barbara" im HORIZONT-Check

Das ist doch nicht normal!

Die Erstausgabe von "Barbara"
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Die Erstausgabe von "Barbara"
Die beruhigende Nachricht: Man muss Barbara Schöneberger nicht mögen, um "Barbara" gut zu finden. Die Zeitschrift, die Gruner + Jahr morgen erstmals an den Kiosk bringt, wirkt zwar auf den ersten Blick genauso laut, unruhig und schrill wie ihre Namensgeberin, wird nach ein paar Seiten aber schnell dem Anspruch gerecht, "kein normales Frauenmagazin" zu sein.
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Das zeigt sich in der Premierenausgabe an vielen Stellen. In der ersten inhaltlichen Strecke, die nach ein paar Magazinseiten direkt hinter dem Inhaltsverzeichnis beginnt, erzählen Frauen und Männer über den Tod und wie es sich anfühlt, das erste Mal einen Menschen zu verlieren; unmittelbar dahinter folgen Tipps fürs erste Date, später eine Ausführung darüber, wie durchschnittlich wir doch alle sind. In der Rubrik "Sprechstunde" antwortet nicht nur eine Paartherapeutin auf die Frage "Ich bin seit Wochen in einen verheirateten Kollegen verknallt. Angriff oder Rückzug?", auch Willi, der beste Freund von Biene Maja, und Wladimir Putin geben Ratschläge.


Natürlich, das kann schiefgehen, aber aktuell wirkt "Barbara" mit ihrer direkten und ehrlichen Tonalität, dem modernen, wenn auch unruhigen Layout sowie dem Mix aus lustigen und ernsten Geschichten vielmehr wie eine wirkliche Innovation. Weil der Titel Frauen nicht dazu bringen will, sich permanent zu entschleunigen, neu zu erfinden oder auf Kondition zu trimmen, sondern weil er vor allem die anspricht, die über ihr nicht ganz perfektes Leben auch einfach mal lachen wollen. Das zeigt die Strecke über Junggesellinnenabschiede im englischen Blackpool, deren Bilder vor allem deshalb perfekt sind, weil sie eben nicht auf Hochglanz poliert sind, aufgeschürfte Knie beim Fast Food genau wie den ernüchternden Morgen danach ablichten.
Junggesellenabschied in England
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Junggesellenabschied in England
Die Herausforderung wird sein, das Konzept in den kommenden Ausgaben durchzuhalten, nicht nur auf "Diät, Workout und To-do-Listen" (so verspricht es die aktuelle Titelseite) zu verzichten, sondern auch auf die üblichen Themen, für die es unzählige andere Hefte gibt. Denn wie dünn das Eis ist, zeigt bereits in der ersten Ausgabe der "Snackcheck", der Cashewnüsse, Salzstangen, Erdnussflips, Wasabi-Nüsse und Gemüse-Chips auf ihren Kaloriengehalt und letzlich auch auf ihren Hüftgoldfaktor hin abklappert. Da mag die Rubrik "Perfekt für…", in der die jeweils passenden Serien oder Schauspieler zum Snack aufgelistet werden, auch nichts mehr an der Erkenntnis ändern, dass die Begriffskombination Snack+Couch+Kalorien nie ein gutes Gefühl ergibt.

"Barbara" erscheint monatlich zum Copypreis von 3,80 Euro in einer Druckauflage von 380.000 Exemplaren. Die Redaktionsleitung liegt bei Stefanie Hellge, Art Direktorin ist Katja Zanabi. Barbara Schöneberger selbst ist festes Redaktionsmitglied und als Editor-at-Large an der Entwicklung jeder Ausgabe beteiligt. kan

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