BDZV-Zeitungskongress

Eon-Chef Teyssen beklagt schwindende Kompetenz bei Zeitungen

EON-Chef Johannes Teyssen
dpa/Bildfunk
EON-Chef Johannes Teyssen
Der Vorstandsvorsitzende des Energiekonzerns Eon, Johannes Teyssen, wünscht sich mehr Wirtschaftsredakteure mit Fachkompetenz. Nur noch etwa zehn Journalisten in Deutschland seien tief vertraut mit der Energiebranche, sagte Teyssen am Dienstag beim Zeitungskongress in Regensburg. "Ich glaube schon, dass es früher mehr waren." Wegen des finanziellen Drucks vieler Verlagshäuser müssten heute weniger Journalisten mehr Themenbereiche abdecken.
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Im Vergleich zu sozialen Netzwerken und Blogs lieferten die Zeitungen allerdings nach wie vor eine weitaus höhere Qualität, räumte Teyssen ein. Er riet den fast 500 Gästen des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger, sich stärker zusammenzuschließen und bisher exklusive Inhalte häufiger auszutauschen: "Man muss wahrscheinlich auf größere Plattformen." Die digitale Welt bestehe aus Netzwerken.

Der Vorstandssprecher der HypoVereinsbank, Theodor Weimer, beklagte eine Überschätzung von Start-up-Unternehmen. "Es gibt eine enorme positive Überhöhung der Start-up-Szene", sagte Weimer. "60 bis 80 Prozent werden einfach verglühen; sie werden nie Geld verdienen und untergehen." Viele neu gegründete Unternehmen seien ausschließlich darauf angelegt, aufgekauft zu werden - "und nach mir die Sintflut".

Weimer empfahl den Zeitungsverlegern, Geschäftsbereiche aufzugeben, wenn andere Anbieter diese besser beherrschten - oder die Anbieter aufzukaufen oder mit ihnen zusammenzuarbeiten: "Du musst Dein eigenes Geschäft kannibalisieren, sonst hast du keine Chance zu überleben."

Der BMW-Aufsichtsratsvorsitzende Norbert Reithofer warnte vor einem blinden Glauben an Schwarmintelligenz. Viele Menschen gingen davon aus, dass etwas Intelligentes entstehe, wenn sich viele Tausend Facebook-Nutzer mit einem Thema befassten. "Wir wissen, dass das nicht der Fall ist", sagte Reithofer. "Wir sollten (...) von dieser Gläubigkeit in diese Richtung ein bisschen Abstand nehmen." Qualitätsjournalismus sei ihm da viel lieber, sagte Reithofer.

Auf der Suche nach digitalen Nachwuchskräften müssen viele Verlage nach Ansicht einer Personalvermittlerin ihren Umgang mit Bewerbern ändern. "Die meisten Unternehmen gehen davon aus, dass Mitarbeiter und Bewerber blöd sind", sagte die Gründerin der Personalagentur iPotentials, Constanze Buchheim. "Diese Einstellung sollte man dringend ändern." Führungskräfte sollten Mitarbeitern und Bewerbern auf Augenhöhe begegnen, statt sie nur als Mittel zum Zweck zu betrachten.

"Wir erleben in den meisten Unternehmen noch eine Art Basta-Mentalität", sagte Buchheim. Es komme aber darauf an, "den Mitarbeiter zu einem Partner zu machen und nicht das typische Bild des Managers zu pflegen". Ansonsten könnten Unternehmen die dringend benötigten Fachkräfte für den digitalen Umbruch nicht gewinnen und nicht halten. Wichtiger als Geld sei jungen Mitarbeitern in Digitalunternehmen die Möglichkeit, eigene Entscheidungen treffen zu können: "Selbstbestimmung ist das neue Status-Symbol." dpa
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