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Das wirklich Bemerkenswerte an Springers Bilanz

Mathias Döpfner kann erneut gute Zahlen präsentieren
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Mathias Döpfner kann erneut gute Zahlen präsentieren
Wenn Bilanzzahlen auf den ersten Blick derart überraschungsfrei daherkommen wie die von Axel Springer jetzt gerade für 2014 (Tenor: Printgeschäft sinkt, Digitalbusiness steigt, unterm Strich alles super), dann sollte man manches Bemerkenswerte eher zwischen den Zahlen und Zeilen suchen. HORIZONT Online nennt dafür drei Beispiele.
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1. Paid Content beginnt sich zu lohnen

Axel Springers Vertriebserlöse sanken 2014 um 3,1 Prozent auf 735 Millionen Euro – vor allem wegen Geschäftsverkäufen im Ausland, also die berühmten "Konsolidierungseffekte". In Deutschland seien sie dagegen konstant geblieben, sagte Finanzvorstand Julian Deutz am Rande der Bilanzpressekonferenz in Berlin. Er sagte auch, dass die digitalen Vertriebserlöse hier eine niedrige zweistellige Millionenhöhe erreicht haben und damit schon einen guten einststelligen Prozentanteil an den gesamten Vertriebserlösen in Deutschland.

Das heißt unterm Strich: Trotz Copypreis-Erhöhungen bei "Bild", "Welt" und Co. sind die Papier-Vertriebserlöse wegen weiter rückläufiger Auflagen weiter gesunken. Doch Axel Springer kann dieses klassische Minus durch Paid Content der digitalen Ausgaben bereits ausgleichen. 311.000 bezahlte digitale Abos bei "Bild" und "Welt" nennt der Verlag zum Stichtag Ende 2014. Und der Blick in den Markt stimmt Bezahlvorreiter Springer froh: "Selbst die größten Paid-Content-Verweigerer machen sich mittlerweile Gedanken über Bezahlmodelle", beobachtet CEO Mathias Döpfner. Zwar sei noch nicht ganz sicher, ob die breite Etablierung journalistischer Bezahlmodelle am Ende tatsächlich gelinge, "doch bin ich heute schon viel optimistischer als noch vor zwei Jahren – wir jedenfalls tun alles dafür".

2. Auch Journalismus kann digital wachsen

53 Prozent der Erlöse sind digital, trommelt Springer auf dem Startchart der Pressekonferenz. Das stimmt – wenn man alle Community- (Gofeminin), Vermittlungs- (Kaufda) und Rubrikenportale (Immonet) hinzurechnet, die viel mit Vermarktung und wenig mit Journalismus zu tun haben. In der Außen- und Innenwahrnehmung und -darstellung ist Springer aber immer noch ein (digitaler) Verlag, der sich am liebsten über seine journalistischen Marken "Bild", "Welt" und die verbliebenen Zeitschriften in Print und Digital definiert.

In der Bilanz tauchen diese seit letztem Jahr als "Bezahlangebote" auf, inklusive der damit erzielten Werbeerlöse. Dieser Bilanzposten spielt immer noch über die Hälfte aller Erlöse ein – allerdings organisch sinkend (minus 1,4 Prozent), nur durch Zukäufe (etwa N24) leicht steigend (2,6 Prozent) und zum Ebitda nur weniger als die Hälfte beisteuernd, mit sinkender Tendenz (minus 2,4 Prozent). Dennoch sind diese "Bezahlangebote" nach wie vor der größte Umsatzblock, der zudem viel mit Journalismus zu tun hat. Und hier stammen immer noch 80 Prozent der Erlöse aus dem Printgeschäft und "nur" 20 Prozent aus digitalen Medienformen, letztere mit einem organischen Umsatzwachstum von immerhin 7,2 Prozent.

Natürlich, das ist wenig im Vergleich mit den Fabel-Steigerungsraten mancher Rubrikmärkte. Und doch ist dieser kleine Prozentwert für die gesamte Medienbranche – wenn auch nicht unbedingt für Finanzanalysten – die wichtigste Kennzahl der gesamten Springer-Bilanz: Der Vertrieb und die Werbevermarktung von digitalem Journalismus kann die Rückgänge dieser Geschäfte in Print bei Axel Springer noch nicht ganz ausgleichen. Aber eben schon fast.

3. Springer springt über den großen Teich

Na klar, Axel Springer war schon immer im Ausland unterwegs, in Osteuropa und in der Schweiz etwa. Doch nun hat der Verlag begonnen, systematisch in digitale journalistische (etwa Politico, Ozy, Business Insider) und nicht-journalistische (Retale) englischsprachige Angebote zu investieren. "Die deutsche Sprachgrenze ist für uns keine Marktgrenze mehr", so Döpfner: "Die Welt wird unser Markt." Neben englischsprachigen Angeboten, die weltweit am besten skalierbar sind – diese soll nun Peter Würtenberger sondieren –, erwägt der Konzern nun auch Investitionen in weiteren "demokratischen Wachstumsmärkten", sagt Döpfner und nennt hier Lateinamerika, vor allem Brasilien, und Indien als Beispiele. rp
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