Verbands-Vizepräsident Michael Simon (Foto: BVDA)
Anzeigenblätter gelten nicht gerade als Speerspitze des Journalismus. Das liegt nicht allein an den spärlich besetzten Redaktionen, sondern auch an der Dominanz der Tageszeitungen. Trotzdem wagt der Bundesverband Deutscher Anzeigenblätter (BVDA) nun einen neuen Anlauf, um die inhaltliche Relevanz seiner Gattung zu stärken. Im Oktober hat er zu diesem Zweck die Initiative "Das geht uns alle an" ins Leben gerufen. Sie greift ein aktuelles Thema auf, das die Mitgliedsverlage unter einheitlichem Claim zu einem festgelegten Zeitpunkt umzusetzen können.
Der Clou: Die Redaktionen recherchieren das Thema anhand der örtlichen Gegebenheiten und stellen so einen lokalen Bezug her, der ihre Positionierung unterstreicht. Die vielen örtlichen Adaptionen des gleichen Themas sollen der Aktion in der Summe dann eine bundesweite Beachtung verschaffen. Die erste gemeinsame Aktion dieser Art hat der
BVDA im Oktober dem Thema Gewalt auf Amateurfußballplätzen gewidmet. Laut Verbandsangaben kam sie mit einer Auflage von über 13 Millionen Exemplaren zu den Lesern. Ende November folgte die zweite Aktion zu PKW-Maut und Straßenbau. Für das kommende Jahr sind vier weitere überregionale Themenschwerpunkte unter Federführung des BVDA geplant.
Verbands-Vize
Michael Simon ist für die Initiative des Verbands verantwortlich. Der Co-Geschäftsführer der Münchner
Wochenanzeiger Medien sieht in ihr ein Vehikel, um die redaktionelle Relevanz der lokalen Wochenblätter im nationalen Rahmen zu stärken und Entscheider aus Politik, Verbänden und Werbung von der Schlagkraft der Gattung zu überzeugen: "Wir erreichen Woche für Woche deutlich mehr ganz normale Menschen als viele so genannte Top-Fernsehsendungen", betont Simon mit Blick auf die 65 Millionen starke Wochenauflage der 220 im BVDA organisierten Verlage. Er hat aber auch die eigene Zunft im Blick: "Wir wollen das Selbstvertrauen für unsere redaktionellen Mitarbeiter stärken. Sie sollen stolz auf ihr Produkt sein und sich nicht nur als Kostenfaktor sehen."
Die Teilnahme an den jeweiligen Aktionen ist für die BVDA-Verlage freiwillig. Die Themenfindung verantwortet der
Redaktionsausschuss des BVDA, dem erfahrene Redakteure aus den Anzeigenblattverlagen angehören. Steht ein Thema fest, machen sich zwei so genannten Paten an die Recherche und tragen alle überregionalen relevanten Daten, Fakten sowie Zusatzmaterial zusammen, das die Redaktionen der örtlichen Titel kostenlos nutzen und in ihre lokale Berichterstattung einfließen lassen können.
Um die Initiative in Schwung zu halten, muss laut Simon vor allem die Verlagsspitze der Anzeigenblätter mitziehen und die Themen in ihre Redaktionen tragen. "Das ist noch ein Schwachpunkt", räumt der Verbandsmann ein. Um das Bewusstsein unter den Managern zu schärfen, hat er deshalb bei der jüngsten
BVDA-Herbsttagung im Oktober einen Workshop initiiert und im Plenum diskutiert.
Auch wenn die Initiative in erster Linie publizistisch motiviert ist, so verfolgt sie indirekt auch ein kommerzielles Ziel. Simon will auf diese Weise für Aufsehen bei überregionalen Verbänden, Ministerien oder Unternehmen sorgen und sie als Kooperationspartner gewinnen. Einen Einfluss auf die Berichterstattung nach dem Motto "Wir schreiben, Sie zahlen für Product Placement" lehnt er jedoch ab. Dafür hofft er, dass sich mehr überregionale Entscheider aufgrund der engagierten Berichterstattung für Anzeigenblätter interessieren und über diesen Umweg zu Anzeigenkunden werden. Sein Kalkül dürfte aber nur dann aufgehen, wenn die Tageszeitungen ihre kostenlosen Titel gewähren lassen.
gui