ARD und ZDF

Funk - nicht für Erwachsene

Mit Funk wollen ARD und ZDF wieder bei jungen Leuten punkten
Funk
Mit Funk wollen ARD und ZDF wieder bei jungen Leuten punkten
In einer Art Soft-Opening ist das Junge Angebot von ARD und ZDF gestartet. Sein Name: Funk. Am Donnerstag wurden einige der bisher rund vierzig Formate vorgestellt. Mit Funk kämpfen die Öffentlich-Rechtlichen gegen den Generationenabriss und dürfen hoffen, dass ein wenig vom jugendlichen Charme auf die etablierten Programme ausstrahlt – zum Ärger der Privaten.
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Jetzt sollte man sie mal machen lassen. Den längst aus der Zielgruppe Gefallenen steht kein Urteil darüber zu, ob das gut oder schlecht, authentisch oder gewollt, geschmackvoll oder niveaulos ist, was ARD und ZDF künftig unter der Dachmarke Funk an Formaten für 14- bis 29-Jährige verbreiten wird. Die berichterstattenden Redaktionen mühten sich redlich, ihre jüngsten Mitarbeiter zur Präsentation in den dritten Hinterhof eines klischeehaft stylisch hergerichteten, zugleich ziemlich heruntergekommenen Gebäudekomplex im Berliner Wedding zu schicken. Ein wenig durfte man sich aber an die eigene Vergangenheit erinnern, spätestens, als beim Youtube-Spot das Gitarrenriff von Nirvanas „Smells Like Teen Spirit“ erklang, aber auch schon beim Blick auf das Logo, das sich an jenes des Musiksenders Viva anlehnt.


Junges Angebot von ARD und ZDF: Bilder vom Funk-Launch

In einer Art Soft-Opening startet Funk offiziell zwar zum 1. Oktober. Einiges ist aber schon jetzt auf den diversen Drittplattformen, von Youtube über Instagram bis Facebook zu sehen. Anders als ganz ursprünglich einmal geplant, sendet Funk nicht linear. Das hat die Politik untersagt. Stattdessen versteht sich Funk nun als nicht-kommerzielles Content Network, das sich aus Zulieferungen aller ARD-Anstalten und des ZDF speist. Die Mainzer finanzieren das Angebot mit etwas weniger als 15, die ARD gemeinsam mit etwas weniger als 30 Millionen Euro. Mit dem offiziellen Start am 1. Oktober endet die Sendezeit für Eins Plus und ZDF Kultur.

Der Lobbyverband der Privaten, der VPRT, schickte dennoch vorsichtshalber einen Vertreter zur Präsentation. Zwar lässt sich den Öffentlich-Rechtlichen in diesem Fall nicht vorwerfen, die Anzahl der Sender erhöht zu haben. Den Privaten stößt jedoch auf, dass es da nun etwas mit dem Rundfunkbeitrag Finanziertes gibt, das online alle Register ziehen darf und ihnen die Jungen abspenstig machen könnte.

Die Marke Funk ist im Abspann aller Formate deutlich erkennbar. Im Vordergrund stehen jedoch die Formate selbst. Mit gut vierzig geht es los, davon sind die meisten Webvideos, an dreißig weiteren sei man dran, sagte Sophie Burkhardt, die Stellvertreterin von Geschäftsführer Florian Hager. Thematisch lassen sie sich drei Bedürfnissen zuordnen: Dem nach Information, dem nach Orientierung und dem nach Unterhaltung. Unterschieden wird in der Ansprache nach vier Altersgruppen: 14 bis 16, 17 bis 19, 20 bis 24 und 25 bis 29 Jahren.

Zur Kategorie Information zählt etwa das über Youtube und Facebook verbreitete „Headlinez“, in dem sich der „Postillon“-Fan Rayk Anders meinungsstark zu politischen Themen äußert, insgesamt bemüht, den eigenen Ärger mit Fakten zu unterfüttern. Das „Y-Kollektiv“ dagegen will nach Art von „Vice“ die Welt zeigen, wie seine Reporter sie sehen. Ihre subjektiv gehaltenen Beiträge, sei es über Massentierhaltung, sei es von einem Flüchtlingsboot auf dem Mittelmeer aus, wollen „berühren, provozieren, spalten und versöhnen“. Das etwas älter konzipierte, fünf- bis zehnminütige Format „Jäger und Sammler“ für 20- bis 29-Jährige, redaktionell an „Frontal 21“ angehängt, will investigativ sein, sich mit je einem Beitrag pro Woche um Themen wie Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit kümmern und hat als prominente Mitstreiterin die Autorin Ronja von Rönne gewonnen. Zum Start gibt es eine Reportage von Nemi El-Hassan über identitäre Rapper.

Orientierung bieten wollen Formate wie „Auf Klo“, bei dem sich die Youtuberin Mai-Thi Nguyen-Kim in einer Toilettenzelle mit wechselnden Gästen über Frauenthemen unterhält; die bereits preisgekrönten „Datteltäter“ nehmen muslimische Klischees auf die Schippe; der aus der Nähe von Itzehoe stammende Moritz Neumeier meldet sich täglich um 16.30 Uhr mit seiner bühnenerprobten Stand-up-Comedy.

Zur Unterhaltung bietet Funk neben diversen eigenproduzierten Web- auch internationale Lizenzserien an, darunter „Banana“, „Fargo“ oder „Twentysomething“. Sie laufen auf den bereits gestarteten Apps für iOS und Android.

Auffallend und gänzlich untypisch für eine Veranstaltung dieser Art war die offensichtliche Begeisterungsfähigkeit der Protagonisten unterschiedlichster Couleur und Herkunft. ARD und ZDF könnten sich das durchaus zum Vorbild nehmen, denn das Land ist längst bunter als es der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist. usi

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