Seven-One-Manager Guido Modenbach (l.) und ZDF-Medienforscher Bernhard Engel
Die Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung (AGF) stellt sich offensiv der Diskussion um sinkende Nettoreichweiten im Fernsehen, über die HORIZONT ausführlich in Ausgabe 8/2014 berichtet hat. In bestimmten Zielgruppen gab es vor allem bei den großen Sendern in den vergangenen Jahren deutliche Reichweitenverluste im zweistelligen Prozentbereich. "Die Zuschauer sind nicht weg. Sie werden nur nicht vollständig erfasst", sagt nun AGF-Vertreter Guido Modenbach, hautberuflich Geschäftsführer der Seven-One Media, im Interview mit HORIZONT.
Die AGF geht davon aus, dass die Zuschauerverluste nicht nur der veränderten Mediennutzung geschuldet sind. Vor allem jüngere Zielgruppen schauen weniger lineares Fernsehen und rufen stattdessen Bewegtbildinhalte im Internet ab. Das Gremium glaubt, dass auch demografische und gesellschaftliche Entwicklungen dazu beitragen, dass die Reichweiten sinken. Diese Veränderungen werden möglicherweise nicht richtig im
TV-Panel erfasst, das die
Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) im Auftrag der AGF betreibt, so die These.
"Mit unseren Methoden und Messtechnologien müssen wir darauf achten, dass wir allen Änderungen immer klug folgen", sagt
Bernhard Engel, Leiter der technischen Kommission der AGF und in der Forschung des
ZDF, im HORIZONT-Interview. Die AGF will nun an drei Stellen ansetzen, um die Aussagekraft des Fernsehpanels wieder zu verbessern.
Steigende Mobilität und Patchwork LebenssituationenImmer mehr Menschen in den Panelhaushalten arbeiten an einem anderen Ort. Die Anzahl der Zweitwohnsitze im Panel ist in den vergangenen zwei Jahren um circa ein Fünftel gestiegen. Bislang werden dort aber keine Messgeräte installiert. Das soll sich nun ändern.
Verbesserung der AnschlussquoteViele Panel-Haushalte lassen nicht alle Geräte im Haushalt erfassen, zum Beispiel Geräte in Kinderzimmern bleiben häufig außen vor. Laut Media-Analyse sind in jedem Haushalt 1,5 Geräte vorhanden, im TV-Panel sind es aktuell dagegen nur 1,33. Die Anschlussquote soll durch mehr Aufklärkung, den Einsatz anderer Messtechnik und Incentivierung in Form kleinerer Geldbeträge erhöht werden.
Optimierung des Anmeldeverhaltens im FernsehpanelHinzu kommt, dass die An- und Abmeldedisziplin gesunken zu sein scheint. Technisch kann die AGF Nutzung mittlerweile häufiger Nutzung messen, aber immer wieder ist diese keinem Haushaltsmitglied zugeordnet. "Damit wird die Nutzung nicht zur Quote und ist damit auch nicht zu vermarkten", sagt Modenbach. Ein so genannter Coincidental Check soll nun überprüfen, wie es um das Anmeldeverhalten bestellt ist.
Der veränderten Mediennutzung und der steigenden Nutzung des Internets für Bewegtbild, trägt die AGF auf einem anderen Weg Rechnung. Im Streaming-Projekt wird diese Nutzung erfasst. Seit Februar gibt es auch technische Reichweitendaten zu einzelnen Sendern.
Diese werden ab sofort regelmäßig auf der AGF-Seite veröffentlicht.Modenbach und Engel im Interview in HORIZONT 13 vom 27. März 2014