"Welt Kompakt" scheitert: Blogger, bleibt bei Euren Leisten!

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Wo liegen die Chancen für Print? Diese Frage nehmen Blogger ja immer mal wieder gerne zum Anlaß, den schreibenden Kollegen der vermeintlich toten Holzindustrie gut gemeinte Ratschläge zu erteilen. Bei der Lektüre der „Welt Kompakt" von heute muss man leider bedauernd feststellen: Die Elite der deutschen Blogger und Twitterer kann Print keine Impulse geben, im Gegenteil.

Das Axel Springer unter den deutschen Verlagen ein Vorreiter ist, wenn es um Innovationen im Digitalbereich geht, habe ich immer wieder betont. So war auch die Vorfreude auf die „Welt Kompakt" von heute entsprechend groß: Eine Tageszeitung - gemacht von Bloggern und Twitterern - da hatte sich nicht nur Off-the-Record-Blogger und HORIZONT-Kollege Olaf Kolbrück einiges von versprochen.
Was wir stattdessen zu lesen bekommen ist - gedrucktes Allerlei. Oder wie der Kollege aus dem Layout ausrief: „Kokolores". Warum?


1)     Der Anspruch

„Hilfe, wir drucken das Internet" - so die Headline auf Seite 1. Liebe Blogger-Kollegen: Mehr Print lesen. Die Vorstellung, dass Print das Netz abbilden müsse, gab es vielleicht einmal in den Boom-Phasen der New Economy - aber seitdem ist diese Diskussion gegessen. Zu Recht schreibt Christian Meier in Kress.de: „Das ist, neben einem gefühlten Schülerzeitungs-Duktus, 90er Jahre pur. Ich dachte immer, Blogger seien der Zeit voraus. Jetzt muss ich feststellen: Print wird zum Medium, um Schnee von gestern zu verbreiten.

2) Das Format


Die „Welt Kompakt" ist eine „Scroll-Edition". Die Zeitungseiten werden nicht von rechts nach links umgeschlagen, sondern im Querformat von unten nach oben aufgeschlagen. Sorry Leute, so kann man leider keine Zeitung lesen - zumal die Zeilenspalten bis zu 170 Zeichen lang sind!!!!! (Zum Vergleich: eine HORIZONT-Spalte hat 34 Anschläge). Wie lautete die Helmut-Markwort-Parole: Immer an die Leser denken. Ist bei den Kollegen von der Bewegung 1. Juli leider nicht  angekommen.

3) Die Ordnung

Die gibt es nicht. Ressorts, Strukturen, Hierarchien sind nicht erkennbar, wenn man von der Nummerierung der Artikel mal absieht. Stattdessen wird munter drauf los geschrieben - und suggeriert, dass Journalismus/Blogs im Netz ohne Struktur auskommen, weil die Leser keine Strukturen brauchen. Das Gegenteil ist doch der Fall. So wie jeder Individual-Blog versucht, aus seiner Sicht die Welt für die Leser zu einzuordnen, strukturiert auch die Huffington Post ihre Geschichten. Und der Erfolg mancher Blogs, aber auch von Nachrichtenportalen wie Spiegel Online liegt darin, dass sie die Welt für ihre Leser nachvollziehbar ordnen.

4)  Inhalt

Überhaupt die Welt. Die gibt es in der „Welt Kompakt" kaum, zumindest die jenseits des Digitalen. Es scheint als hätten sich die Kollegen nicht getraut, auch über das aktuelle Geschehen außerhalb des eigenen Bit-Universums und der eigenen Befindlichkeit zu schreiben. Oder spielen Aktualität keine Rolle mehr in den Gedankengängen der „Welt Kompakt"-Macher? Das wäre schade, denn es gibt soviel über das wirkliche Leben in Politik, Wirtschaft und Kultur zu berichten, gerade für eine Tageszeitung wie die „Welt Kompakt".

5) Fazit
Siehe Punkte 1 bis 4. Axel Springer hatte eine gute Idee. Aber was nutzt die beste Idee (der ADC lässt grüßen), wenn die Umsetzung daneben geht. vs
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