HORIZONT SPORT BUSINESS: Vor einiger Zeit haben Sie sich in einem Interview mit uns darüber stolz gezeigt, dass der FC Bayern ohne Vermarktungspartner auskommt. Jetzt sagt Franz Beckenbauer, es sei dass "normalste der Welt einen solchen Vertrag zu haben". War es denn ein Vermarktungsvertrag, den der Club mit Kirch abgeschlossen hat?
Uli Hoeneß: Ich sage noch einmal, wir wollen keine Einzelheiten aus diesem Vertrag bekannt geben. Tatsache ist, dass wir bestimmte Bereiche, in denen wir glaubten, Hilfe zu brauchen, zum Beispiel im Bereich Internet, abgetreten haben. Dazu gehörten die Fernsehvermarktung für Freundschaftsspiele und Uefa-Cup. Und wir hatten uns verpflichtet - und da hatte sich unsere Meinung eben geändert -, im Falle einer dezentralen Vermarktung, die damals im Raum stand, unsere Rechte an die Kirch-Gruppe abzutreten.
Können Sie nicht nachvollziehen, warum viele Kritiker vor allem diesen Meinungsschwenk vom Individualvermarktungsbefürworter zum Zentralvermarktungsfreund angehen? Hoeneß: Ich persönlich war im Fernsehbereich immer ein Freund der zentralen Vermarktung.
Aber können Sie nicht nachvollziehen, warum genau dieser Punkt jetzt in einem anderen Licht erscheint. Die Kritik ist ja, dass viele glauben, Bayern habe sich für diese öffentlich kundgetane Meinung bezahlen lassen?
Hoeneß: Überhaupt nicht. Mich musste man ja nicht bekehren. Aber dann kam Kirch und sagte, "für den Fall, dass die dezentrale Vermarktung kommt, sind wir bereit, euch Geld zu geben". Und das halte ich überhaupt nicht für schlimm.
Aber Karl-Heinz Rummenigge hat man öffentlich auch als Befürworter einer Individualvermarktung wahrgenommen, bis dann der Meinungswandel kam.
Hoeneß: Es muss doch möglich sein in Diskussionen, den einen oder anderen auf eine bestimmte Linie zu bringen. Und das ist passiert. Ich muss noch einmal sagen: Wir fühlen uns in keinster Weise gekauft. Wir fühlen uns auch nicht manipuliert für Geld, sondern wir haben uns nach langen Diskussionen, die Wochen dauerten, zu diesem Vertrag entschlossen, der im übrigen Chancen und Risiken barg. Und wir haben die Chancen der relativen Sicherheit von bestimmten Geldern bevorzugt gegenüber den Risiken, dass wir einen Vertrag machen, den wir in einer freien Vermarktung noch hätten verbessern können. Einen solchen Vertrag würde ich morgen wieder unterschreiben.
Wann ist er denn gemacht worden?
Hoeneß: 1999.
Warum ist er ausgerechnet im Dezember 2002 gekündigt worden, nachdem Kirch schon monatelang insolvent war?
Hoeneß: Der Partner, mit dem wir den Vertrag gemacht haben, war nicht insolvent. Ich glaube, es war mit Taurus-Sport. Und zu diesem Zeitpunkt hatte der Partner nicht mehr die Rechte. Deshalb ist er nicht gekündigt, sondern aufgelöst worden - in beiderseitigem Einvernehmen.
Bayern genießt eine riesige Reputation, was Marken- und Marketingkompetenz angeht. Befürchten Sie nicht, dass Bayern einen gewaltigen Imageverlust erleidet?
Hoeneß: Im Gegenteil. Wenn einer die Hintergründe kennt, muss er sagen: "Die waren wieder cleverer als der Rest der Welt." Wenn Kirch nicht kaputt gegangen wäre, wäre das doch ein Wahnsinns-Vertrag gewesen. Insofern hatten wir doch damals wieder den richten Riecher. Wir werden hier alle bezahlt, um für den FC Bayern die optimalen Bedingungen zu schaffen, ohne dass die anderen dabei geschädigt werden. Und das ist mit diesem Vertrag geschehen. Der Liga ist keine Mark abhanden gekommen. Das war unsere Maxime - und darauf bin ich besonders stolz.
Aber genau in diesem Bereich werden Sie hart kritisiert. Club-Manager wollen erreichen, dass das Geld aufgeteilt wird.
Hoeneß: All die Schlaumeier, die jetzt fordern, dieses Geld hätte man an die Liga zahlen müssen, muss man fragen: "Geben Dortmund und Hamburg etwas aus den Verträgen mit Ufa/Sportfive an die Vereine?"
Warum haben Sie diesen Vertrag nicht der DFL vorgelegt?
Hoeneß: Ich weiß nicht, ob das sein musste. Außerdem ist in den Gesprächen Geheinhaltung vereinbart worden. Und die Kirch-Gruppe war natürlich nicht interessiert, dass dieser Vertrag in falsche Hände kommt. Sie sehen ja jetzt, was passieren kann, wenn ein solcher Vertrag in falsche Hände fällt. Es gibt 1000 Verträge, über die nicht gesprochen wird, ohne dass sie deswegen unlauter sind.
Wird die DFL Einsicht in den Vertrag bekommen?
Hoeneß: Das wird sie.
Welche kommunikativen Schritte sind notwendig, um die Plausibilität des Vertrages zu kommunizieren?
Hoeneß: Wir werden uns jetzt 2, 3 Tage ärgern müssen über unsachliche Kommentare und dann werden die Leute sagen: "Verdammt noch mal, die haben wieder mal Recht gehabt."
Interview: Oliver Zils