"Verlage müssen miteinander kooperieren", fordert Christoph Schuh
Wie sich die Zeitschriftenverleger im Digitalbusiness zwischen den „Gorillas" der Szene - Apple, Facebook, Google und Co. - behaupten können, darüber diskutierten die 400 Teilnehmer beim 4. Digital Innovators Summit des VDZ in Berlin. Nahezu einmütiger Tenor: Content mag zwar nach wie vor King sein, und die Verleger müssen auch künftig in ihre journalistischen Premiumangebote auf unterschiedlichen digitalen Kanäle investieren. Doch 1a-Content genügt beim Kampf um die Aufmerksamkeit der Leser und die Geldbeutel der Werbungtreibenden nicht (mehr). „Wir brauchen Allianzen", hatte VDZ-Manager Alexander von Reibnitz schon bei der Eröffnung des VDZ-Events gefordert. Im HORIZONT.NET-Interview bekräftigt Christoph Schuh, CMO von Tomorrow Focus, diese Strategie: „Kein Medienhaus hat alleine genug Reichweite, um es mit Google aufzunehmen."
Die deutschen Qualitätsvermarkter stecken in einer Zwickmühle: Zwar boomt Online-Werbung nach wie vor, jedoch geht der größte Teil der Werbebudgets nach wie vor in Performance-Marketing. Die Internet-Gorillas wie Google, Facebook und Co. gewinnen Marktanteile und die Clickraten auf Banner gehen nach unten. Welchen Ausweg gibt es für Medienhäuser aus dieser verfahrenen Situation? Unsere Herausforderung hat mehrere Facetten: Zum einen müssen wir es schaffen, Displaywerbung stärker aus der Direktmarketingecke rauszuhieven und als Brandingkanal wie TV zu positionieren. Nach unseren Schätzungen werden in diesem Jahr von den 75 Mrd. $ weltweiter Digitalwerbung nur 10 Mrd. $ für Branding ausgegeben. Weiterhin müssen Qualitätsvermarkter viel stärker als in der Vergangenheit Allianzen untereinander schließen. Kein Medienhaus hat alleine genug Reichweite, um es mit Playern wie Google oder Facebook aufzunehmen. Und drittens müssen wir aufpassen, dass unser Restplatz-Inventar unter unserer Kontrolle und preislich wertig bleibt.
Internet als Direktmarketingkanal - es rächt sich offensichtlich, dass die Displayvermarkterzu Beginn des digitalen Zeitalters das Internet erfolgreich als den Werbeträger angepriesen haben, der im Gegensatz zur klassichen Werbung Response, Messbarkeit und direkten Kontakt mit den Nutzer vereinigt. In der Tat haben wir uns zu Beginn über die Messbarkeit der Onlinewerbung positioniert und den Kunden im Adserverreport neben Anzahl AdImpressions nur die Anzahl der Clicks zur Verfügung gestellt. Der CPC, der in der Suchwortvermarktung als Währung unumstritten ist, hat sich im Laufe der Jahre als geheime Währung auch im Displaymarkt etabliert: Gebucht wird von den Kunden meist über TKP und bewertet wird häufig über CPC oder andere Performancegrößen. Die Brandingwirkung haben unsere Kunden bei dieser Buchungslogik sozusagen gratis on top bekommen. Wir haben jedoch jüngst nachgewiesen, dass 85% der Deutschen in einem Monat überhaupt nicht auf Werbung klicken und 3% der Internet-Nutzer über 60% der Clicks verursachen. Somit macht das Schielen auf CPC im Displaybereich wenig Sinn.
CPC als die geheime, eigentliche Währung im Markt. Wie kann eine neue Brandingorientierte Währung aussehen - und wie lässt sie sich auf dem Markt etablieren? Neue Ansätze orientierten sich an dem, was TV-Werbung groß gemacht hat, nämlich GRP-und Visibility-Messung in Verbindung mit der Messung der Brandingwirkung (Brandlift). Das heißt, wir wollen einerseits messen, wie viel Leute wir in der Zielgruppe erreicht haben und andererseits feststellen, was Werbung bei den Menschen, die wir erreicht haben, ausgelöst hat. Dieser und ähnliche Ansätze werden derzeit von unterschiedlichen Unternehmen, unter anderem auch von Tomorrow Focus Media, ernsthaft getestet. Dabei geht es nicht darum, ein, zwei Showcases zu realisieren, sondern darum, Werbungtreibenden ein Tool zur Verfügung zu stellen, mit dem sie kontinuierlich arbeiten und messen können.
Bei der Eröffnung des Digital Innovator Summits hatte VDZ-Manager von Reibnitz die Marschrichtung vorgegeben und Verlagsallianzen eingefordert, um den Big Playern Paroli zu bieten. Ist das der richtige Weg? Auch wir sind davon überzeugt, dass Allianzen wichtig sind, um kritische Reichweite zu generieren, Kontrolle über das eigene Inventar zu behalten, Kosten zu sparen und sich in der eigenen Sales Force auf bestimmte Themen zu focussieren, die ganz wichtig sind, beispielsweise den Verkauf von Premiuminventar, Homepage-Events und Sponsoring. Unterseiten, Midtail- und Longtail-Angebote eignen sich dagegen ideal dafür, von Medienhäusern gemeinsam vermarktet zu werden, wie das AdAudience ja auch schon in Ansätzen erfolgreich macht. Wir dürfen dieses Feld mittel- und langfristig nicht anderen Playern überlassen, auf die wir wenig Einfluss nhemen können.
Interview: Volker Schütz