Thomas Heilmann: "Internet-Gründungen werden nur noch selten Erfolg haben"

Thomas Heilmann: "In Nischen Platz für Neugründungen"
Thomas Heilmann: "In Nischen Platz für Neugründungen"
Teilen
Goldman Sachs steigt bei Facebook ein - und schon titelt das „Handelsblatt" „Der Wahnsinn kehrt zurück".



Die Headline ist so voreilig wie  Message falsch: Es gibt keine New Economy 2.0. Und es gibt auch keine Internet-Blase à la 2000. Damals floss viel Geld in fast jedes Unternehmen, das sich Start-up nannte und an die Börse wollte. Heute, schreibt der „Tagesspiegel" zu Recht, „beschränkt sich der Wahnsinn auf wenige, außerbörslich gehandelte Firmen wie Facebook, Twitter, Groupon und Linkedin.

Wir haben jemand zum Thema befragt, der es wissen muss. Als Chef von Scholz & Friends hat Thomas Heilmann die „wilden 90er" nicht nur miterlebt, sondern mitgeprägt. Als Facebook-Investor hat Heilmann den rasanten Aufstieg des Social Networks mit Argusaugen verfolgt - und seine Anteile vor Weihnachten wieder verkauft. Investor Heilmann über die Chancen von Internet-Neugründungen: „Das ist so wie auf dem Zeitschriftenmarkt schon lange. Das große Feld ist bestellt, in Nischen gibt es natürlich noch immer Platz für Neugründungen."

 
Nach dem Einstieg von Goldman Sachs wird Facebook derzeit mit 50 Milliarden Dollar bewertet. Eine Bewertung, die Sie als "irre" bezeichnet haben. Warum? Aktien werden nach Angebot und Nachfrage bewertet. Nachfrage und Wachstumserwartungen sind bei Facebook unvergleichlich groß. Ich verlasse mich lieber auf fundamentale Kriterien wie die Multiplikatoren auf Umsatz und Gewinn und da schlägt Facebook alles bisher Dagewesene. Schon bei meinem Einstieg 2008 hatte ich Bedenken deswegen, aber damals war die Firma mit "nur" 4 Milliarden bewertet. Ich hatte mich damals nur getraut, einen überschaubaren Betrag einzusetzen.


Deutsche Tageszeitungen befürchten eine Überhitzung des Internet-Marktes, das "Handelsblatt" titelt: "Der Wahnsinn kehrt zurück." Droht ein New-Economy-Hype 2.0? Anders als damals beschränken sich die enormen Bewertungen auf ganz wenige Firmen. Ich denke nicht, dass eine Korrektur dieser Bewertungen zu einem Einbruch wie 2001 führen wird. Leider gibt es für die Konjunktur genug andere Risikofaktoren.


Welche denn? Die enorme Verschuldung der Staaten, die Übertreibungen auf den Rohstoffmärkten, die nach wie vor zu hohe Liquidität im Markt und die steigende Abhängigkeit von China.


Als ehemaliger Chef von Scholz & Friends haben Sie in den 90er Jahren nicht nur die Werbelandschaft maßgeblich geprägt, als Unternehmer waren Sie auch in der New Economy erfolgreich. Was ist heute anders als vor 10 Jahren? Gründungen von Internetunternehmen werden nur noch seltener Erfolg haben. Das ist so wie auf dem Zeitschriftenmarkt schon lange. Das große Feld ist bestellt, in Nischen gibt es natürlich noch immer Platz für Neugründungen. Vor zehn Jahren gab es im Internet viel Raum für Neuheiten.

Facebook und soziale Medien waren im vergangenen Jahr das große Hype-Thema. Welche digitalen Trends werden die kommenden Monate bestimmen? Es werden immer mehrere Themen sein. Mobile Dienstleistungen werden sicher stärker werden. Dafür sorgen allein die neuen Geräte, nicht zuletzt das iPad.


Der Werbeindustrie haben Sie den Rücken gekehrt, um als Unternehmer tätig zu sein. Wenn Sie heute als junger kreativer Kopf in der Kommunikationsindustrie einsteigen würden - wäre das eher bei einer Werbeagentur, einem Digitaldienstleister oder einem Start-up? Wenn man etwas lernen und bewegen möchte, ist die Qualität der Firma entscheidend, nicht die Kategorie. Es kommt etwa auf Innovationsfähigkeit, Kundennähe, Produktqualität und das Management an. Wenn Sie gestatten, kann ich meine Nachfolger bei Scholz & Friends als Arbeitgeber sehr empfehlen. vs
stats