Spiegel: Die neue strikte Aufgabentrennung in der Chefredaktion

Neue Aufgabenteilung: Mathias Müller von Blumencron (l.) und Georg Mascolo (Foto: Frank Krems)
Neue Aufgabenteilung: Mathias Müller von Blumencron (l.) und Georg Mascolo (Foto: Frank Krems)
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Nun also doch: Die beiden „Spiegel"-Chefredakteure gehen sich künftig im Alltagsgeschäft aus dem Weg und teilen ihre Aufgaben klar auf. Georg Mascolo, 46, übernimmt die Alleinverantwortung für den Print-„Spiegel"; dabei wird er weiterhin unterstützt vom stellvertretenden Chefredakteur Martin Doerry, 55, und von Textchef Klaus Brinkbäumer, 44. Mathias Müller von Blumencron, 50, dagegen übernimmt künftig die Alleinverantwortung für alle digitalen Angebote unter der Marke Spiegel, einschließlich Spiegel Online. Die Doppelspitze ist also Geschichte, zumindest operativ.

Dies lässt aufhorchen, schließlich machten Anfang 2010 Kolportagen und Informationen die Runde, wonach die beiden „Spiegel"-Chefs inhaltlich und atmosphärisch angeblich nicht immer gut miteinander harmonierten. Daraus erwuchs die Spekulation, wonach sich Mascolo und Müller von Blumencron ihre Aufgaben teilen könnten - Mascolo für Print, und Blumencron, früher Chefredakteur von Spiegel Online, fürs Digitale. Diese Spekulationen wurden damals zurückgewiesen, vom Verlag und von den beiden selber.

Im Juni vergangenen Jahres sagte Müller von Blumencron im gemeinsamen HORIZONT-Interview zu diesem Punkt: "Beim ,Spiegel‘ haben Doppelspitzen eine lange Tradition, sowohl in der Chefredaktion als auch in den Ressorts. Doppelspitzen können hochkreativ sein und sich gegenseitig ergänzen und befördern." Und Mascolo ergänzte: "Wir sprechen uns immer ab. Nur heißt das nicht, immer einer Meinung zu sein bei Geschichten, Themen, Titeln. Deshalb hat derjenige von uns das letzte Wort, der gerade die Geschäfte führt." Die Gerüchte, wonach beide eine Arbeitsteilung Print/Digital vereinbart hätten, seien "Unsinn", so Müller von Blumencron: "Wer von uns was macht, das hängt von der Situation und den Themen in den jeweiligen Produktionswochen ab."

Der Verlag widerspricht nun aktuell der Deutung, dass die künftige Aufgabentrennung angebliche Konflikte entschärfen solle. Vielmehr würden die digitalen Angebote des „Spiegel" aufgewertet, weil sie nun in der Ebene der Chefredaktion angesiedelt würden. „Die Chefredaktion erweitert ihr Aufgabengebiet und übernimmt zusätzlich die Verantwortung für alle redaktionellen Angebote der Marke Spiegel in den Medienkanälen Online und Digital", lautet die offizielle Lesart.

Spiegel-Online-Chefredakteur Rüdiger Ditz behält seinen Posten - hat aber künftig als eine Art Über-Chefredakteur seinen Vorgänger Müller von Blumencron noch direkter über sich als vorher. Denn auch schon bisher war ihm (Ditz) die Print-Chefredaktion übergeordnet. Daher kann oder muss man die Personalie auch noch ganz anders deuten: Müller von Blumencron verliert die renommeereiche Printausgabe, und Mascolo verliert das Zukunftsthema Digital.

„Spiegel“-Geschäftsführer Ove Saffe sagt dazu: „Die Mediennutzung der Marke Spiegel verteilt sich auf immer mehr Kanäle, Online und Digital gewinnen mehr und mehr an Relevanz und Reichweite. Hier wie auch im Bereich der gedruckten Magazine wollen wir unsere Position als führendes journalistisches Angebot stärken und ausbauen.“

Die beiden Chefredakteure arbeiten seit rund 20 Jahren für die Spiegel-Gruppe. Müller von Blumencron kam 1992 zum „Spiegel“ ins Ressort Deutschland II und wurde 1996 dessen stellvertretender Leiter. Im Oktober 1996 ging er als Wirtschaftskorrespondent nach Washington, ab August 1998 berichtete er aus New York. Im Dezember 2000 wurde er Chefredakteur von Spiegel Online, seit Februar 2008 ist er Chefredakteur des „Spiegel“. Georg Mascolo begann seine Arbeit in der Gruppe bereits 1988. Für Spiegel TV verfasste er Berichte vor allem über die Wiedervereinigung. 1992 wechselte er zum Nachrichtenmagazin, wo er später stellvertretender Leiter des Berliner Büros und danach Leiter des Deutschland-Ressorts in Hamburg war. Im August 2004 ging er als politischer Korrespondent nach Washington. Ab Juli 2007 leitete er mit Dirk Kurbjuweit das Hauptstadtbüro in Berlin, bevor er im Februar 2008 Chefredakteur des „Spiegel“ wurde. rp



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