Schlappe für Bauer: "Spiesser" darf weiter mit IVW-Zahlen werben

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Die Behauptung, das kostenlose Jugendmagazin "Spiesser" täusche die Anzeigenkunden mit den IVW-Zahlen, ist nicht haltbar. So hat nun zumindest das Landgericht Hamburg entschieden, bei dem die Bauer-Tochter Heinrich Bauer Zeitschriften Verlag KG Ende April Klage gegen den Dresdner Verlag eingereicht hatte. Die Einstweilige Verfügung, die Bauer am 21. April erwirkt hatte, ist aufgehoben. Der "Spiesser" darf wieder mit den Auflagenzahlen werben.

Bauer, der mit "Bravo" ein direktes - kostenpflichtiges - Konkurrenzprodukt herausbringt, hatte angezweifelt, dass die verbreitete Auflage von 767.110 Exemplaren im 4. Quartal 2010 und die 13.210 Auslagestellen stimmen. Über die Firma Medicom in Hamburg hatte der Verlag Anzeigen in der bayerischen Auflage geschaltet und anschließend stichprobenartig die Schulen im Verbreitungsgebiet angeschrieben und befragt, ob sie die Hefte tatsächlich erhalten und auslegen. Aus den Rückmeldungen der Schulen hatte der Verlag dann geschlossen, dass nicht alle Schulen, die der "Spiesser" zu beliefern angibt, die Hefte auch tatsächlich den Schülern zugänglich machen.

Für das Landgericht Hamburg verfängt die Bauer-Argumentation jedoch nicht. "Aus keiner der hieraus ersichtlichen Antworten ergibt sich eindeutig, dass der 'Spiesser' an den angeschriebenen Schulen nicht angeliefert worden ist", heißt es in der Urteilsbegründung, die HORIZONT vorliegt.  Selbst wenn die Schulleitungen nicht Bescheid wüssten, könnte es sein, dass andere Mitarbeiter in der Schule über die Lieferungen informiert seien.

Zudem geht das LG Hamburg davon aus, dass auch die Formulierungen in Bauers Anschreiben an die Schulen zu nicht ganz eindeutigen Antworten geführt haben könnten. Der Verlag hatte unter anderem um "kurzfristige Auskunft" gebeten, "auf welcher rechtlichen Grundlage die Verbreitung des ,Spiesser' an Ihrer Schule erfolgt" und damit suggeriert, dass es rechtliche Bedenken zur Zulässigkeit der Auslage der Zeitung geben könnte. "Es liegt nahe, dass sich die Schulen nicht zuletzt unter dem Eindruck dieser ,Drohung' teilweise nur unklar zur Verteilung des ,Spiesser', insbesondere in der Vergangenheit, geäußert haben", schreibt das Landgericht.

Das Landgericht räumt in seiner Argumentation zwar ein, dass es bei der Verbreitung Streuverluste geben kann, stellt aber klar, dass die Zahlen nach der geltenden IVW-Systematik erhoben seien und die Anzeigenkunden, im Juristejargon die "Verkehrskreise", durchaus um die Schwächen des Erhebungsmodells wüssten. Eine irreführende Werbung, wie sie Bauer befürchtet hat, "liegt aber nur dann vor, wenn ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise der Angabe der Auslegestellen eine der Wirklichkeit nicht entsprechende Beeutung beimisst. Dies ist nicht der Fall", schreibt das Landgericht. "Dem angesprochenen fachkundigen Verkehr ist nämlich zudem durchaus geläufig, dass die lückenlose tatsächliche Auslage einer Gratiszeitschrift an allen Auslagestellen in der Regel nicht umsetzbar ist". heißt es weiter. pap



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