Bauer sucht Personal für Sonderprojekte
Das nennt man flexible Produktion: Die Bauer Media Group sucht für die Gemeinschaftsredaktion ihrer wöchentlichen People- und Modehefte „Intouch" und „Life & Style" angestellte Redakteure für ungewöhnlich kurze Fristen. In einer aktuellen Stellenausschreibung des Verlags heißt es wörtlich: „Für kurzfristige Anstellungen von zwei bis vier Wochen suchen wir laufend mehrere Textredakteure (w/m) für das Ressort People" für die Gemeinschaftsredaktion.
Was steckt dahinter? „Der Hintergrund der Stellensuche ist, dass wir immer wieder Bedarf für
Sonderprojekte mit zeitlich überschaubarem Horizont haben sowie Abwesenheitsvertretungen zu organisieren sind", teilt der Verlag auf Anfrage mit. Es handele sich um „zusätzliche Stellen, die keine normalen Stellen ersetzen".
Ein Blick in die Historie kann noch mehr erklären und vermuten lassen, dass Bauer in Sachen Personalmanagement formal alles richtig machen will, ganz penibel nach Recht und Gesetz. Schließlich ist der Familienverlag hier ein gebranntes Kind: Vor vielen Jahren gab es einmal Ärger mit der staatlichen
Rentenversicherung. Der Verlag hatte - wie die meisten anderen Verlage ebenfalls - etliche freie Mitarbeiter beschäftigt, oft auch dieselben, regelmäßig und in die Redaktionsabläufe integriert. Daraus erwuchs der Vorwurf der
"Scheinselbstständigkeit". Die Argumentation der Rentenanstalt und von Teilen der Gewerkschaftsseite: Solche Mitarbeiter müssten fest angestellt, Sozialversicherungsbeiträge nachgezahlt werden.
Wenn es darum geht, Sonderprojekte zu stemmen, Urlaubs- und Krankheitsvertretungen zu organisieren, keine hohen fixen Personalkosten zu riskieren oder generell flexibel zu bleiben, wandeln Verlage stets auf einem
schmalen Grat: Heuern sie immer wieder im Haus bewährte freie Journalisten an, könnte schnell der Verdacht auf "Scheinselbstständigkeit" aufkommen. Ein Verlag, der auf Nummer Sicher gehen will, stellt die Mitarbeiter also ein - befristet, und auch nur ganz kurz. Aber auch dafür gibt es gesetzliche Grenzen: Wenn es immer dieselben Personen sind, kann das auch schon wieder verdächtig sein. Möglicherweise auch deshalb sucht Bauer „laufend mehrere"
Kurzzeit-Redakteure. Damit dürfte der Verlag die Regelungen strikter als andere Häuser zu befolgen versuchen, mit den beschriebenen kuriosen Folgen.
Doch in der Gesamtbetrachtung nutzen die Paragraphen niemandem: Den Personalabteilungen nicht (Verwaltungsaufwand), den
Redaktionen nicht (hohe Fluktuation, dauernd neue anzulernende Mitarbeiter) - und erst Recht nicht den freien Journalisten, die sich für einen 2-Wochen-Job mit ihren
Sozialversicherungen ummelden müssen. Oder Jobs gar nicht erst bekommen, weil dem Verlag das Risiko zu groß erscheint. Ein „gutes" Beispiel dafür, wie Regulierung, die eigentlich eine Gruppe schützen soll, gerade auch dieser Gruppe letztlich schaden kann.
rp