Pressefreiheit im Hause Burda: Wie "Bunte" gegen "Focus" stichelt

Bunte-Chefin Patricia Riekel ergreift Partei für die Wulffs
Bunte-Chefin Patricia Riekel ergreift Partei für die Wulffs
Teilen

Mein lieber Herr Präsident, was für eine Aufregung! Am Freitag vergangener Woche, da wollte auch der "Focus" einmal mitreiten bei der Großjagd auf Christian Wulff, jener eigentümlichen Mischung aus investigativem Aufdecken möglichen Fehlverhaltens, Nachtreten, Skandalisieren und medialem Mitschwimmen. "Bettina Wulff lässt sich von Luxus-Labels einkleiden", meldete "Focus" stolz mit Verweis auf eigene Recherchen. Immerhin ein textiler Scoop - wenn man schon nicht mit vollgeschimpften Mailboxen oder harten Fakten, Fakten, Fakten zu präsidialen Kreditgeschäften aufwarten kann wie "Bild" und "Spiegel".

Und dann erscheint in dieser Woche die "Bunte", ebenso wie "Focus" aus dem Hause Burda. Chefredakteurin Patricia Riekel, bekanntlich lange Zeit liiert mit "Focus"-Herausgeber Helmut Markwort, ergreift in ihrem Vorwort indirekt Partei für das Präsidentenpaar. Oder besser gesagt: gegen die "aufgeheizten Diskussionen" um die Bellevue-Bewohner. Und ein paar Seiten weiter hinten mokieren sich "Bunte"-Autoren erst auf ironische Art ("Wie unerhört!"), dann aber direkt über die "Focus"-Meldung (ohne das Magazin beim Namen zu nennen) und deren - nicht übermäßig lauten - Nachhall: "Die Nachrichtenpresse" habe hier versucht, "die Tatsache zu skandalisieren, dass Bettina Wulff bei mehreren Events deutsche Designermode trug und die Modelle ... zum Teil kostenlos gestellt bekam". Weiter fragt die "Bunte", offenkundig in Richtung "Focus": "Wo ist hier die Nachricht, wo der Skandal?"

Bettina Wulff beim Neujahrsempfang des "Hamburger Abendblatts"
Bettina Wulff beim Neujahrsempfang des "Hamburger Abendblatts"
Dann folgt ein Vergleich mit den Usancen in anderen Ländern. Tenor: international alles so üblich, besser als ein Repräsentationsbudget auf Kosten der Steuerzahler. Und man solle doch froh sein, dass sich die First Lady aus Hannover schick anzieht. Der "Bunte"-Text ("Jetzt geht's ihr an die Kleider") endet mit dem ätzenden Vorwurf an die "Nachrichtenpresse": "Gut geheu(che)lt, ihr Wölfe!" Der Fall deutet an: Fachlich-redaktionell scheint das "Powerpaar des deutschen Journalismus" ("Welt am Sonntag", 2009) Riekel und Markwort nicht immer ganz einer Meinung zu sein. Aber um die interne Pressefreiheit und die journalistische Autonomie der Titel im Hause Burda ist es wohl gut bestellt - immerhin sticheln hier Burdas wichtigste Magazine auf offener Bühne gegeneinander. rp



stats