Das Webportal
Lycos Europe hat ein umfassendes Restrukturierungsprogramm angekündigt. Als Grund wird die enttäuschende Entwicklung auf dem Online-Werbemarkt angeführt, die dem Unternehmen anhaltende Verluste beschert und den Break-even in weite Ferne gerückt hat. Wie die Bertelsmann-Tochter mitteilt, werden konzernweit 300 Beschäftigte entlassen. Einschließlich der bereits angekündigten Personaleinsparungen in Frankreich und Schweden reduziert sich die Beschäftigtenzahl damit auf knapp unter 1000 Mitarbeiter in Europa.
In Zukunft will sich Lycos besonders auf seine Kernkompetenzen Suchdienste, Kommunikation, E-Commerce und ausgewählte Inhaltebereiche konzentrieren. Es ist zu erwarten, dass von der Umstrukturierung auch die zahlreichen Submarken des Portals betroffen sein werden. Den Angaben zufolge soll eine Kostensenkung durch die "tiefere Integration kürzlich erworbener Unternehmen" entstehen. "Wir werden alle Lycos-Produkte unter die Lupe nehmen und sie dahingehend prüfen, ob sie in absehbarer Zeit Gewinne abwerfen können oder nicht", kündigt Lycos-Chef
Christoph Mohn im Gespräch mit HORIZONT.NET an. Falls sich abzeichne, dass ein Produkt in absehbarer Zeit keine Gewinne abwerfe, werde man die entsprechenden Kpnsequenzen ziehen, so Mohn weiter.
Vor allem die kürzlich in Italien, Schweden, Spanien und den Niederlanden eröffnete Suchmaschine
Hotbot dürfte näher an die Dachmarke Lycos herangerückt werden. Die Zukunft der Suchmaschine
Fireball ist jedoch offenbar gesichert.
Detlev Kalb, Chef bei Fireball, wollte sich auf Anfrage von HORIZONT.NET zwar noch nicht zu den Konsequenzen der Umstrukturierung äußern. Seine Einschätzung, dass es "Fireball auch in Zukunft geben dürfte", wird jedoch von Mohn bestätigt. Neben den Suchmaschinen betreibt Lycos die Jugend-Community
Angelfire, das redaktionelle Angebot
Netzeitung, den Internet-Zugangsdienst
Comundo, die Homepage-Building-Community
Tripod, den Music-Channel
Sonique und die Kontaktplattform
Love@Lycos.de als eigene Submarken.
Die Umsätze aus dem Werbebereich sollen zwar auch weiterhin ein wichtiges Standbein des Geschäftsmodells von Lycos Europe bleiben. Doch das Unternehmen will die Abhängigkeit von Werbeeinnahmen in Zukunft durch die Einführung kostenpflichtiger Premium-Dienste, mobiler Dienste sowie von E-Commerce-Angeboten reduzieren. Lycos Europe, das europaweit über 25 Millionen Online-Nutzer verfügt, hat im Ende Juni abgelaufenen 4. Quartal des Geschäftsjahres 2000/2001 insgesamt 40,2 Millionen Euro Umsatz gemacht. Man rechnet für diesen Zeitraum mit einem Verlust vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) in Höhe von 39 bis 41 Millionen Euro. Im 3. Quartal hatte das Unternehmen noch einen Verlust von 45,4 Millionen Euro verbucht.