Lokale Bewertungsportale: Wie sich Yelp in Europa hochkämpfen will

Das Portal will in Europa weiter expandieren
Das Portal will in Europa weiter expandieren
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Go East: Das US-Empfehlungsportal Yelp treibt seine Expansionspläne in Deutschland und Europa voran. Dafür heuert das Unternehmen Community Manager an und bietet neue Präsentationsmöglichkeiten für die Gastronomen, Shops, Veranstalter, Handwerker, Ärzte und alle anderen Dienstleister einer Stadt - also der zukünftig erhofften lokalen Werbekundschaft. Ziel ist, auf dem alten Kontinent eine ähnliche Bekanntheit, Reichweite und Relevanz zu erreichen wie in den USA.

Jeremy Stoppelman
Jeremy Stoppelman
Dort sei Yelp, 2004 in San Francisco gestartet, vor allem in den Metropolen mittlerweile die erste Adresse, wenn es um die Suche nach und die Bewertung von lokalen Angeboten gehe, sagt Jeremy Stoppelman, Gründer und CEO von „Yelp", im Gespräch mit HORIZONT.NET. In den USA benutze man „yelp" bereits als Verb - ähnlich wie „googlen". Weltweit verzeichne man pro Monat über 46 Millionen Nutzer als Leser, davon über 90 Prozent in den USA. Wie viele User sich registriert haben und Konsumentenbewertungen schreiben, sagt Stoppelman nicht. Nur soviel: 16 Millionen Rezensionen seien bisher verfasst worden.

Doch in Deutschland und Europa wird die Expansion viel schwerer. Schließlich heißt der Platzhirsch hier: Qype - also jenes lokale Bewertungsportal, das der deutsche Internetpionier Stephan Uhrenbacher nach dem Vorbild von Yelp hierzulande 2005 gestartet hatte. Qype ist mittlerweile auch anderswo in Europa unterwegs und nennt folgende Zahlen: monatlich über 20 Millionen Besucher, 1 Million schreibende Mitglieder.

Beide Portale wollen zu einer Art „Gelbe Seiten" mit Stadtplan und Bewertungen werden und schielen auf die in Zukunft stark wachsenden digitalen Werbebudgets lokaler Unternehmen - genau wie Google mit seinem neuen ähnlichen Dienst Hotpot, der bald in Deutschland startet. Und ebenso beackern der Lokalisierungsdienst Foursquare und Gutscheinvermarkter wie Groupon/City Deal die lokalen Digitalwerbemärkte. Die Konkurrenz ist also mächtig.

Yelp und wohl auch Qype arbeiten wegen hoher Investitionen nach wie vor nicht profitabel, sondern finanzieren sich durch Risikokapital. Yelp hatte 2009 ein Übernahmeangebot von Google über 500 Millionen US-Dollar ausgeschlagen und stattdessen Anfang vergangenen Jahres noch einmal 100 Millionen Dollar Risikokapital eingesammelt - davon 25 Millionen für die Expansion nach Europa und 75 Millionen für die Übernahme von Mitarbeiteranteilen. Ab 2012 schließt Stoppelman einen Börsengang nicht aus. Umsatzzahlen nennt er nicht.

Vor zwei Jahren startete Yelp in Großbritannien und Irland, dann 2010 in Frankreich, in Holland, in Österreich - und seit Juli 2010 auch in Deutschland. Besonders hier gräbt Yelp als Erfinder des Modells seitdem im Markt von Qype. Das erinnert an Facebook/VZ-Netzwerk und Linkedin/Xing: Im ersten Fall hat das US-Original das deutsche Pendant mittlerweile eingeholt, im zweiten Fall noch lange nicht. Und im Fall von Yelp/Qype?

Durch zwei Punkte will sich Yelp abheben. Zum einen mit der Konzentration auf Großstädte, die Stoppelman sukzessive erschließen will - mit Hilfe von Community Managern, die die Empfehlungsschreiber bei Laune halten sollen, etwa durch Moderation und Events im realen Stadtleben, auf dass sich die Bewertungsgemeinde freundschaftlich vernetze. „Bei uns steht der Gemeinschaftsgedanke im Vordergrund, das stärkt die Glaubwürdigkeit der Empfehlungen", sagt der CEO. Derzeit beschäftigt er hierzulande nur in München einen Manager, jetzt sucht er wieder einen für Berlin und erstmals je einen für Hamburg und Köln.

Punkt Zwei: der so genannte Missbrauchsfilter, der automatisch Beiträge aussortiert, die danach klingen, als hätte sich ein Ladenbesitzer selbst toll bewertet und den direkten Wettbewerber schlecht. Dadurch erhofft sich Stoppelman mehr Vertrauen in und die Ausgewogenheit von Bewertungen - beides eine gute Grundlage fürs Werbegeschäft. Mit der Vermarktung will Yelp in Europa allerdings erst in ein, zwei Jahren beginnen. Erstmal geht es ihm um die Vermehrung der Nutzer, Schreiber-Community und Rezensionen. SEO und der Faktor Zeit sollen das Wachstum bringen; quantifizieren möchte Stoppelman seine Ziele nicht.

Mit einem neuen Angebot robbt sich Yelp ab dieser Woche in Deutschland, Frankreich, Österreich und den Niederlanden allerdings schon an lokale Unternehmen heran: Diese können sich auf einer Art Visitenkarte sowohl auf der Yelp-Website als auch in den Apps präsentieren, ihre Firmeninfos aktualisieren, Fotos einstellen und auf Bewertungen antworten. Nutzer, die mobil zugreifen, können die Unternehmen mit Sonderangeboten locken - das könnte das Geschäft von Groupon und Foursquare angreifen. Zumal Yelp in den USA bereits den Couponing-Dienst Yelp Deals betreibt; ein ähnliches eigenes Angebot für Europa sei denkbar, in Deutschland aber noch nicht so bald, sagt Stoppelman. Gerade erst hat Rivale Qype hier den Gutscheinvermarkter Cooledeals.com übernommen und zum Angebot Qypedeals.com vereint.

Bisher seien 3,3 Millionen Yelp-Apps heruntergeladen worden, so Stoppelman. Die neuen Business-Tools gibt es in den USA bereits seit drei und in Großbritannien seit zwei Jahren (laut Yelp haben bisher eine halbe Million Unternehmen davon Gebrauch gemacht), sind für die Firmen kostenlos - und bereiten schon den Boden für spätere Werbevermarktung wie in den USA. rp



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