Kommentar: Bärbel Schäfers Verona-Show

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Eines vorweg: An Verona Pooth, ehemals Feldbusch, und an Bernhard Lukas hat es nicht gelegen, dass der "Kreativgipfel" auf dem Radio Day in Köln gestern so richtig daneben ging. Den Verdienst kann sich allein HR-Moderatorin und Verona-Freundin Bärbel Schäfer auf die Fahnen schreiben, die die Diskussion zwischen der aus der Mode gekommenen Werbeikone und dem Chef von einer der angesagten Agenturen Deutschlands, Lukas Lindemann Rosinski, moderiert hat.

Wie hoch die Erwartungen an das Gespräch zwischen den beiden war, ließ sich schon am gut gefüllten Saal ablesen. Es war immerhin eine Abschlussveranstaltung, auf der leere Plätze sonst die Regel sind. Aber die Namen ziehen. Und so konnten die beiden "Kreativen aus verschiedenen Welten" vor gut gefüllten Rängen aufs Podium steigen. Verona nahm neben Bärbel Platz, der Herr Lukas über Eck.

Und dann legte Schäfer los. Mit vielen Themen hätte sich die dreiviertel Stunde füllen lassen, aber es ging nur um eins: Verona. "Wie sehr prägst Du die Kampagnen?" (Heute mehr als zu Beginn ihrer Karriere.) "Wirst Du heute immer noch so unterschätzt?" (Heute weniger als zu Beginn ihrer Karriere.) "Wofür würdest Du werben?" (Für alles.) "Würdest Du auch mal zu einem Produkt nein sagen?" (Nein.) "Ist Dein Oberteil von Kik?" (Nein, von Dior, aber dafür ist die Hose von Kik.) Und so weiter und so fort. Wer aus einer anderen Zeit oder dem Ausland in den Saal gebeamt worden wäre, hätte geglaubt, er habe mit Verona Pooth einen der ganz, ganz großen Stars Deutschlands vor sich und nicht die Werbefigur eines Textildiscounters.

Es hätte ewig so weitergehen können. Am liebsten - so schien es - hätte Bärbel Schäfer die ganze Zeit nur mit „meiner Freundin Verona" geplaudert, so ein gepflegter Mädelstalk auf dem roten Sofa eben.

Aber dann war ja noch dieser Mann da. Bernhard Lukas. Was kann man den wohl fragen? Diesen Gewinner von ADC-Nägeln und Cannes-Löwen, was hat der schon zu erzählen? Vielleicht etwas zu Verona? Genau! Und so musste auch Bernhard Lukas eine nervtötende  Frage nach der anderen beantworten - wenn er eine gestellt bekam, denn in Schäfers totem Winkel verkam er im wahrsten Sinne des Wortes zum Sidekick. „Herr Lukas, geht eine Marke neben Verona unter?", „Wofür würden Sie mit Verona werben?", „Was muss Verona machen, um für die Werbung interessant zu sein?", „Muss sie sich wirklich verändern?" „Würden Sie mit Verona auch werben, wenn sie sich nicht verändert?" Und zu guter Letzt dann doch noch eine Verbindung zum Medium Radio: „Wie KLINGT die Marke Verona?".

Da, ja endlich, da ist dann auch dem Herrn Lukas nichts mehr eingefallen. „Jetzt bin ich in der Bredouille", stöhnte er. Lukas, anfangs noch freundlich und bemüht, irgendwie ernste Antworten auf offensichtlich absurde Fragen zu geben, musste passen. Und schwang sich dann zur letzten Höhe in der großen Verona-Show auf: Die Stimmen von gemeinsamen Kindern von Verona und deren Ex-Mann Dieter Bohlen, die hätte er zu gerne mal gehört. Aber dazu kam es bekanntlich nicht.

Bis zu diesem Finale hatte sich der Saal bereits um die Hälfte geleert. Zu offensichtlich war das Bemühen Schäfers, Verona Pooth ein paar neue Werbeverträge aus dem Publikum zu verschaffen. Wer Pooth in einem ihrer vielen Interviews gesehen hat, weiß, wie unterhaltsam sie plaudern kann. Lukas wiederum ist einer gefragter Werber und hätte so einiges zum auf der Hand liegenden Branchenthema Radiowerbung beitragen können.

Sich auf die Gesprächspartner vorzubereiten und auf ihre Geschichten einzulassen, das ist eine der Stärken guter Moderatoren. Davon war Bärbel Schäfer bei diesem Kreativgipfel leider weit entfernt. Das war kein Gipfelstürmen, sondern eine einzige Talfahrt. Schade eigentlich. Sehr, sehr schade. pap



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